Qualifikation QSP: Lernergebnis 2

Mt. Fuji

Der/Die QSP ist in der Lage, die körperliche und psychische/seelische Verfassung des Klienten/der Klientin am Beginn einer Shiatsu-Behandlung systematisch und selbstständig durch ein strukturiertes Gespräch sowie durch Shiatsu-spezifische Befundungstechniken auf Basis fernöstlicher Gesundheitslehren zu analysieren, energetisch einzuschätzen und vorliegende Disharmoniemuster zu erfassen sowie letztverantwortlich zu entscheiden, ob Shiatsu zur Anwendung kommen kann oder ob zuvor noch andere Abklärungsschritte notwendig sind (z.B. ärztlicher/medizinischer Natur).

  • Die Analyse der körperlichen und psychischen/seelischen Verfassung des Klienten/der Klientin, die am Beginn einer Shiatsu Behandlung steht, beruht auf fortgeschrittenen und vertieften Kenntnissen und Fertigkeiten fernöstlicher Gesundheitslehren, Befundungstechniken und Disharmoniemustern (auf Basis von Yin & Yang, Wandlungsphasen, Organen und Substanzen), die sowohl die Basis von Shiatsu als auch von traditioneller chinesischer Medizin (TCM) bilden.
  • Dazu ist anzumerken, dass die TCM in ihrem grundlegenden Verständnis nicht den westlichen Konzepten von „gesund“ und „krank“ folgt, sondern von Disharmoniemustern spricht, die – westlich betrachtet – nicht zwangsläufig Krankheit bedeuten, sondern durchaus auch in den Begriff von Befindlichkeits­störungen fallen, d.h. Einschränkungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, die keinen medizinischen Krankheitswert haben. Darüber hinaus hat die Erfassung von Disharmoniemustern auch prophylaktischen (gesundheitsvorsorgenden) Charakter, denn ihr Ausgleich zielt darauf ab, dass sich weder Befindlichkeitsstörungen noch Störungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens mit Krankheitswert entwickeln. Das bedeutet, dass sich die diagnostischen Verfahren des Shiatsu und jene der TCM, wie sie auch im Rahmen der entsprechenden Österreichischen Ärztekammer-Diplome angewendet werden, in ihrem Kern nicht unterscheiden. Dennoch, und darauf ist von Seiten des/der QSP sorgfältig zu achten, unterscheidet sich die „Klientel“ von QSPs und TCM-Ärzte/innen (Kund/inn/en bei QSPs und Patient/inn/en bei Ärzt/innen), denn während letztere kranke Menschen behandeln und die diagnostischen Verfahren der TCM zur Behandlung von Krankheiten einsetzen, geht es QSPs um Gesundheitsvorsorge, energetischen Ausgleich bei bestehenden Disharmoniemustern, die keinen Krankheitswert besitzen, oder auch Begleitung und Unterstützung von Personen, die in ärztlicher Behandlung stehen, nach ärztlicher/therapeutischer Anweisung (z.B. auch verbunden mit Behandlungseinschränkungen).
  • Die energetische Einschätzung als konkrete Analyse der körperlichen und psychischen/seelischen Verfassung, die traditionell insbesondere mit Begriffen von Qi (Ki), Fülle und Leere, Kyo und Jitsu bezeichnet wird, beginnt schon mit dem ersten Eindruck und erfolgt durch die vier traditionellen Unter­suchungsmethoden: Beobachten (chinesisch: Wang Zhen, japanisch: Bo Shin), Hören und Riechen (chinesisch: Wen Zhen, japanisch: Bun Shin), Befragung (chinesisch: Wen Zhen, japanisch: Mon Shin) und Tasten (chinesisch: Qie Zhen, japanisch: Setsu Shin).
  • Ausgehend vom Allgemeineindruck (Gesichtsfarbe, Augen, Lippen, Haltung, Gang etc., aber auch Stimme, Atemgeräusche, eventuell Körper- und Mundgeruch) konzentriert sich die weitere Erhebung der Verfassung des Klienten/der Klientin auf die Befragung, die sich auf Befindlichkeiten, (chronische) Erkrankungen (Befunde), die Einnahme von Medikamenten, Operationen, Allergien, Sucht, therapeutische Behandlungen, Lebensgewohnheiten und private und berufliche Lebensumstände (inkl. spezifischer Belastungen), Ausübung von Sport (Intensität und Belastungen), Kälte- und Wärmeempfinden, Schwitzen, Schlafverhalten und -probleme, Ess- und Trinkgewohnheiten, Verdauung, körperliche Ausscheidungen, (bei Frauen) Menstruation und Menstruationsbeschwerden, Qualität und Lokalisation eventueller Schmerzen, Fragen zur Krankheitsgeschichte etc. beziehen.
  • In einem nächsten Schritt kommen dann spezifische Untersuchungsmethoden zum Einsatz, um die energetische Verfassung des Klienten/der Klientin vertieft zu erfassen. Dazu gehören Techniken wie Haradiagnostik, Rückendiagnostik, Zungendiagnostik, Meridiandiagnostik und/oder Pulsdiagnostik, aber auch generelle Tastbefunde (z.B. Gewebetonus, Fülle und Leere von Meridianen).
  • Alle aus der Analyse gewonnenen Ergebnisse (Hinweise, Zeichen) werden vom/von der QSP zunächst gesammelt und in einem weiteren Schritt reflektiert, nach bestimmten TCM-/Shiatsu-relevanten Kategorien (z.B. Organbezug, Substanzbezug, Wandlungsphasenbezug) geordnet und kritisch bewertet, wobei bestimmte Ergebnisse mitunter z.B. wegen (scheinbarer) Widersprüchlichkeit oder „Doppeldeutigkeit“ (bestimmte Befunde sind nicht eindeutig einem Disharmoniemuster zuzuordnen) noch in einem weiteren Schritt vertieft und „differentialdiagnostisch“ geklärt werden müssen, um zu einer vorläufigen Einordnung der vorliegenden Ergebnisse der Analyse zu einem oder mehreren Disharmoniemustern zu gelangen, das in dieser Phase aber noch keinen (konsistenten) Behandlungsplan widerspiegelt. In dieser Phase der energetischen Befundung ist auch schon überblicksmäßig abzuwägen, ob z.B. eine abklärende Untersuchung durch einen Arzt/eine Ärztin oder eine Verweisung an/Unterstützung durch andere Berufsgruppen erforderlich/ratsam ist bzw. ob eine Behandlung durch den/die QSP eventuell sogar kontraindiziert ist.