Vortrag von Daniel Sanin: War das eine Diskriminierung?

Teich mit Stadt im Hintergrund

Passend zum Vortrag von Mag. Daniel Sanin am Montag (13. November) berichtete die ZIB 2 am Freitag zuvor unter dem Titel „Vertrauensstelle Vera* zieht Bilanz“, dass die Me-too-Debatte in der Kunst- und Kulturszene angekommen ist und dass die Affäre Teichtmeister, die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann und mutmaßliche Übergriffe in der Wiener Techno-Szene (#TechnoMeToo, siehe z.B. Beitrag in der Wochenzeitschrift Falter) wohl lediglich die Spitzen eines Eisbergs seien.

Vera*, die „Vertrauensstelle für Betroffene von Gewalt, Belästigung und Machtmissbrauch in Kunst, Kultur und Sport“ wird von zwei unabhängigen Vereinen aus den Kompetenzbereichen Kunst und Kultur sowie Sport betrieben und wurde vor etwas über einem Jahr – am 6. September 2022 – der Öffentlichkeit präsentiert. Seither, so berichtete die ZIB 2, haben sich 90 Personen bei Vera* gemeldet, 75 Prozent davon Frauen. Die berichteten Übergriffe reichten dabei von Machtmissbrauch bis hin zu sexueller Gewalt. Ähnliche Zahlen liefert auch die Anlauf- und Beratungsstelle der Filmschaffenden #we-do mit 80 Personen im etwa gleichen Zeitraum.

Mag. Daniel Sanin

Um das Thema sexuelle Belästigung, Machtmissbrauch und Diskriminierung ging es im Vortrag von Mag. Daniel Sanin, Klinischer und Gesundheitspsychologe und Mitarbeiter der Anlauf- und Beratungsstelle „We-Do“ des Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden. Vor interessierten Mitgliedern der Wiener Innung breitete Daniel Sanin – im Dialog mit den Teilnehmer*innen der Veranstaltung – das Thema mit seinen vielen Facetten aus: Wann es sich um eine Diskriminierung handelt, was alles diskriminierend sein kann und wie sich man im Falle einer erlittenen Diskriminierung verhalten kann.

Deutlich wurde in seinem Vortrag, dass sich zwar Herangehensweisen erläutern und empfehlen lassen, dass es letztlich aber keine pauschalen Antworten gibt. Weder, dass sich immer genau, quasi im Vorhinein, definieren lässt, wann es sich um eine Diskriminierung handelt, noch wie man am besten in/mit einer solchen Situation damit umgeht. Zu vielfältig sind die Situationen, aber auch die Rahmenbedingungen, so dass es DIE RICHTIGE Verhaltensweise nicht gibt.

Vorbeugend, um Missverständnisse und unbeabsichtigte Grenzüberschreitungen / Diskriminierungen zu vermeiden, wurde in der Diskussion zum Vorgehen in der praktischen Situation (Behandler*in-Kund*in bzw. Behandler*in-Patient*in) das Vorgespräch favorisiert, d.h. die vorangehende Ankündigung, was man tut oder wie man etwas zu tun beabsichtigt. Dass man sich das Einverständnis des*der Klient*in bzw. Patient*in im Vorfeld holt, und sie nicht durch vielleicht missverständliche Berührungen oder sonstige Handlungsweisen überrascht, ja möglicherweise sogar überrumpelt. Und dass der*die Klient*in/Patient*in damit seine*ihre Grenzen definiert, die in der Behandlung dann einzuhalten sind.

Abschließend wurde von den Anwesenden der Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass das Thema (vorgeschlagen wurden ergänzende und vertiefende Veranstaltungen) weiter verfolgt wird und dass es – in Zukunft, so wurde gehofft – eine Institution/Stelle geben könnte, an die man sich mit diesbezüglichen Fragen und Problemen wenden könnte.