Verlieren Heilmasseur*innen ihre wirtschaftliche Basis? Die Situation in Salzburg

Kopfbehandlung

„Nach intensiven Vorarbeiten und Verhandlungen“ stellte die Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) im Dezember 2016 in ihrem Schreiben an alle Salzburger Physiotherapeut*innen ein neues Tarifmodell im Bereich der Physiotherapie vor. Anstelle der bisherigen Einzelleistungspositionen gibt es nunmehr eine Verordnung von 45, 60 oder 75 Minuten. Der*die Therapeut*in entscheidet dann eigenständig, welche seiner*ihrer Behandlungen aus medizinischer und therapeutischer Sicht zur Zielerreichung geeignet sind. Das Hauptaugenmerk soll, so die SGKK dabei auf aktiven Anwendungen liegen, vor allem Bewegungstherapie, aber auch z.B. Lymphdrainagen. Maximal 15 Minuten dürfen für maximal 2 passive Anwendungen verwendet werden. Alternativ kann auch die gesamte Zeit für aktive Anwendungen genutzt werden.


Die Änderung des bestehenden Positionsmodells allerdings lässt nachteilige Auswirkungen für freiberufliche Heilmasseur*innen erwarten, so die die Salzburger Landesinnung in ihrer Stellungnahme an die SGKK, denn

  • durch den Wegfall der ärztlichen Verordnung von Massage, Passivtherapie oder in Kombination in Einzelleistungen, sei zu befürchten, dass Patient*innen durch die neue Tarifposition PT1 (45 Minuten) der SGKK überhaupt nicht mehr in Betracht ziehen, eine*n Heilmasseur*in zu konsultieren, da die Heilmassage eben nicht mehr als eigenständige Anwendung verordnet werden kann;
  • durch die Streichung der Rückerstattung für ihre Versicherten, wenn Heilmassagen und Passivanwendungen, einzeln oder in Kombination vom*von der Heilmasseur*inn erbracht werden, wird eine Benachteiligung für Heilmasseur*innen geschaffen, die fachlich nicht zu rechtfertigen sei und zudem die Wahlfreiheit der Versicherten einschränkt; und
  • es besteht die Sorge, dass auch alle anderen Sozialversicherungen dem Beispiel der SGKK folgen.

In ihrer Antwort Ende Dezember 2016 betont die SGKK, dass das neue Positionsmodell mit physioSalzburg und der WK-Salzburg (als Verhandlungspartner für die Vertrags-Physioambulatorien der SGKK) ausgehandelt und mit der Ärztekammer Salzburg abgestimmt wurde. Ziel des neuen Modells sei es, die Therapien effizienter und moderner zu gestalten, wobei Teilmassagen als Bestandteil der Therapie – gemeinsam mit einer aktiven Bewegungstherapie – und nicht als alleinstehend sinnvolle Leistungen betrachtet werden.

  • Mit Bezug auf Ärzt*innen und Therapeut*innen wird desweiteren ausgeführt, dass sich Patient*innen sehr wohl Teilmassagen wünschen. Physiotherapien, die lediglich Teilmassagen (alleine oder auch in Kombination mit passiven Maßnahmen, wie z.B. Moorpackungen) zum Inhalt haben und, wie die SGKK wörtlich formuliert „nur der Steigerung des Wohlbefindens dienen“, sollen – auch wenn man das Können der Masseur*innen nicht anzweifle – künftig „nicht mehr auf Kosten der sozialen Krankenversicherung erbracht werden“. Eine moderne Therapie von Beschwerden des Bewegungs- und Stützapparates beinhaltet für die Salzburger Gebietskrankenkasse primär eine aktive Bewegungstherapie, allenfalls kombiniert mit Massagebehandlungen und/oder passiven Maßnahmen.
  • Auf Grund eines fehlenden Vertragsverhältnisses zu den freiberuflichen Heilmasseur*innen und des geringen Kostenvolumens spielen diese bei der SGKK eine untergeordnete Rolle. Durchschnittlich, so die interne Auswertung der Krankenkasse (Schreiben vom 22.12.2016), entfallen im Durchschnitt 4 Patienten pro Jahr mit Heilmassagen auf eine*n Heilmasseur*in – und hinterfragt damit die von der Salzburger Innung angeführte „massive Existenzgefährdung“. Und „weshalb Privatversicherungen, die bisher schon von der Sozialversicherung abgelehnte Massagen übernommen haben, nun ablehnen sollen“, sei nicht nachvollziehbar.
  • Der Entfall der Gewährung des Kostenzuschusses für die Teilmassage ergibt sich für die GKK konsequent aus der Tatsache, dass PT1 zumindest 30 Minuten aktive Bewegungstherapie zum Inhalt haben muss und die Teilmassage nur als Teil der Gesamttherapie zu sehen ist.
  • Von PT1 abgedeckt ist dagegen die Lymphdrainage (alleine oder mit passiven Bestandteilen). Wird mit einer Verordnung für PTl daher eine Lymphdrainage (alleine oder in Kombination mit einer Passivtherapie) durchgeführt, leisten wir weiterhin den Zuschuss für die Lymphdrainage (30/45 min.) und die Passivtherapie.
  • Nur die Teilmassage als Einzelleistung oder in Kombination mit einer Passivtherapie ist für die SGKK nicht mehr erstattungsfähig und stellt daher künftig eine reine Privatleistung dar – und bittet die Innung um entsprechende Information ihrer betroffenen Mitglieder.

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