Krankheit und Gesundheit im Verständnis der Salutogenese

Gesundheit/Feude

Offen bleibt im salutogenetischen Ansatz jedoch die Frage, auf welche Weise diese Erkenntnisse individuell angewendet werden können. Markus Fäh bedauert in diesem Kontext, dass zwischen dem Gesundheitssystem und dem Feld der Psychotherapie  eine kommunikative Lücke klafft. Es gibt keine „Hüllentheorie“, die das salutogenetische Gesundheitsverständnis mit dem Wissen der Psychotherapie (dem Wissen über kommunikative Vorgänge, die individuelle Veränderungsprozesse bewirken) verbindet (vgl. Die Erweiterung des Konzepts der Salutogenese mit psychotherapeutischen Gesichtspunkten).

In seiner Analyse der Balance von Gesundheit und Krankheit differenziert Markus Fäh vier Bereiche, die gezielt betrachtet werden können und mögliche Ansatzpunkte gesundheitsfördernder und therapeutischer Interventionen bilden:

  • Die Nutzung innerer Lebenskräfte
  • Die Nutzung äußerer Kraftquellen
  • Die Bändigung und Überwindung innerer destruktiver Kräfte
  • Die Bewältigung äußerer Belastungen

(Äußere) Gesundheit bedeutet letztlich eine verborgene (innere) Harmonie, die nicht an der Oberfläche unseres Befindens zu finden ist, sondern verborgen ist in der Art und Weise unseres In-der-Welt-Seins. Und diese verborgene Balance realisiert sich in Dialektiken, die unser Leben ausmachen: die Dialektik von „innen“ und „außen“ und die Dialektik von „gut“ („lebensfördernd“) und „böse“ („lebensfeindlich“).

Ständig ist unser Organismus Einwirkungen von innen und außen ausgesetzt, die sein Gleichgewicht beeinträchtigen. Ein störungsfreies Funktionieren, ein stabiles Gleichgewicht kann nicht dauerhaft erreicht werden, wohl aber ein Ausbalancieren der Ungleichgewichte. Und so zeichnet langfristig gesunde Menschen das Bemühen um ein jeweils optimales Gleichgewicht aus, mit dem es sich leben lässt. Ein starres Erzwingen von Gleichgewicht hingegen trägt die Gefahr des Systemzusammenbruchs (und damit Krankheit) in sich.

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