Nachlese zum Workshop „Sexuelle Belästigung / Übergriffe / Diskrimierung“ am 3. Juni

Sonnenuntergang in den Tropen

Die Zielsetzung des Workshops zu „Sexueller Belästigung / Übergriff / Diskriminierung“ am 3. Juni war es, Vorarbeit für die zu diesem Thema geplante Broschüre zu leisten und die wichtigsten Punkte und Schwerpunkte herauszuarbeiten, die in ihr „unbedingt“ und in notwendiger Kürze Platz finden sollen. Details und weitere Informationen sollen dann auf einer korrespondierenden Webseite der Wiener Innung nachzulesen sein.

In der Diskussion haben sich mehrere wesentliche Punkte herauskristallisiert, aber auch eine notwendige Differenzierung der anzusprechenden Personengruppen:

  • Einerseits Mitglieder, die sich präventiv informieren wollen (Was kann man tun, um Übergriffe und Belästigungen nach Möglichkeit zu vermeiden?…), und andererseits Mitglieder, die von Übergriffen und Belästigungen betroffen wurden oder werden (Wie kann man damit umgehen? An wen kann man sich wenden?…).
  • Einerseits Mitglieder, die als EPUs von Übergriff und Diskriminierung betroffen werden / sein können, und andererseits Dienstgeber, deren Mitarbeiter*innen betroffen werden / sein können.
  • Dazu kommt noch die Sensibilisierung von Mitgliedern, dass diese besser verstehen / nachvollziehen können, was ihre Kund*innen als Übergriff und Diskrimminierung erleben / verstehen (können).

Wann handelt es sich um einen Übergriff, eine Diskriminierung?

Eine spannende Diskussion hat gezeigt, dass das Erleben, wann eine Situation als Übergriff erlebt wird, individuell sehr unterschiedlich ist. Sie präsentierte sich abhängig sowohl auch der Behandlungsmethode, die ausgeübt wird, als auch vom persönlichen Umgang von – insbesondere – dem Nähe-Distanz-Verhalten der betroffenen Personen. Was das eine Mitglied noch als „normalen“ Umgang betrachtet, möglicherweise sogar wohlwollend aufnimmt (beispielsweise als willkommenes oder „nebensächliches“ Kompliment), empfindet ein anderes Mitglied als Überschreitung seiner*ihrer persönlichen Grenzen. Dabei kann, wie die Diskussion deutlich machte, nicht „obektiv entschieden“ werden, was „richtig/korrekt“ und was „falsch/grenzüberschreitend“ ist, da unterschiedliche Menschen unterschiedliche Grenzen ziehen und unterschiedliche Toleranzgrenzen haben. Vergleichbar sind diese Unterschiede eventuell mit den unterschiedlichen Nähe-Distanz-Verhältnissen von Menschen in verschiedenen Weltregionen/Kulturen.1Selbstverständlich gibt es in allen diesen Ländern, Gegenden und Kulturen immer auch wieder individuelle Ausprägungen.

Rechtlich betrachtet kann sexuelle Belästigung sowohl das Strafrecht als auch das Gleichbehandlungsgesetz berühren. Verbale sexuelle Belästigungen, wie z.B. Anzüglichkeiten oder sexistische Witze, aber auch Berührungen auf beispielsweise Unterarm oder Knie fallen nicht in den Geltungsbereich des Strafgesetzes, sondern sind durch das Gleichbehandlungsgesetz geregelt. § 218 StGB2Strafgesetzbuch § 218: https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002296&Paragraf=218 regelt das Delikt der “Sexuellen Belästigung und öffentlich geschlechtliche Handlungen”. Strafbar ist:

  • Eine Belästigung durch eine geschlechtliche Handlung. Darunter fallen sexualbezogene Berührungen der zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen Körperpartien des Opfers oder Täters mit dem Körper des anderen (zum Beispiel intensive Berührung der weiblichen Brust oder der Griff zwischen die Beine – auch über der Kleidung), die nicht nur flüchtig erfolgen.
  • Eine Verletzung der Würde eines Menschen durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle. Dieser Fall bezieht somit auch nicht zur unmittelbaren Geschlechtssphäre zählende Körperregionen (Gesäß, Oberschenkel, Lippen) ein, wenn durch intensive Berührungen die Würde des Opfers verletzt wird (zum Beispiel Streicheln am Oberschenkel, “Po-Grapschen”).

Liegt kein strafrechtlicher Tatbestand vor, dann wird sexuelle Belästigung als Diskriminierung rechtlich (nach dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz3Bundes-Gleichbehandlungsgesetz: https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002296&Paragraf=218), wenn:

  • die Würde der betroffenen Person durch die Verhaltensweise verletzt wird;
  • die betreffende Verhaltensweise für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist;
  • die betreffende Verhaltensweise ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft.

Eine sexuelle Belästigung liegt vor, „wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt4Bundes-Gleichbehandlungsgesetz: https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002296&Paragraf=218). Sie ist u.a. ein Mittel der Machtausübung, bei dem Machtgefälle bzw. Abhängigkeitsverhältnisse einseitig sexualisiert und (damit) aufrechterhalten werden. Merkmale sind:

  • Das Verhalten ist der sexuellen Sphäre zuzuordnen.
  • Das Verhalten ist unerwünscht.
  • Das Verhalten geht mit einer Verletzung der Würde der betroffenen Person einher.
  • Das Verhalten ist mit einer Beeinträchtigung des Arbeitsumfeldes verbunden.

Beispiele für sexuelle Belästigung sind:

  • sexuell explizites Bildmaterial
  • anzügliche und/oder aufdringliche Bemerkungen und Darstellungen über Figur oder sexuelles Verhalten im Privatleben, die entwürdigend bzw. beschämend wirken
  • „zufällige“ und/oder gezielte körperliche Berührungen und deren Andeutungen
  • Anspielungen mit eindeutiger (benannter) Absicht
  • Androhung oder In-den-Raum-Stellen von beruflichen Nachteilen oder Repressionen bei sexueller Verweigerung
  • Versprechungen von Belohnungen in Verbindung mit Annäherungen
  • exhibitionistische Handlungen

Anmerkungen/Fußnoten

Pages: 1 2 3