Sherman, Karen J. et al.: Five-Week Outcomes From a Dosing Trial of Therapeutic Massage for Chronic Neck Pain

Massage

Studienergebnisse

Die „Therapietreue“ (als Aufnahmekriterium definiert mit 75% aller vorgeschriebenen Massagebehandlungen) lag bei vier der fünf Versuchsgruppen bei zumindest 95%, in der fünften Gruppe (30 Minuten dreimal wöchentlich) bei 84%.

Da Selbstbehandlungsempfehlungen („self-care recommendations“) verboten waren, berichteten letztlich nur 6 der 184 Studienteilnehmer*innen (3,3%; auf alle Gruppen gleichmäßig verteilt) von Selbstbehandlungen, die sie von den Massagebehandler*innen empfohlen bekommen hätten.

Die Verwendung von Medikamenten (als „nonstudy treatment“) variierte zwischen den Gruppen. In der Gruppe derer, die drei 60-minütige Massagen wöchentlich erhielten, sank der Medikamentenkonsum von 71,8% (Baseline) auf 34,2%, in der Gruppe mit drei 30-minütigen Behandlungen pro Woche hingegen stieg er von 48,7% auf 67,7%. In allen anderen Behandlungsgruppen schwanke die absolute prozentuale Veränderung des Medikamenteneinsatzes zwischen -13,2% und 2,6%, und in der Kontrollgruppe stieg er von 56,8% auf 62,9%.

Ungefähr ein Drittel der Teilnehmer*innen berichtet, dass sie mindestens dreimal pro Woche Nackenübungen machen – sowohl zu Beginn der Untersuchung als auch nach 5 Wochen. Und 11% der Teilnehmer*innen geben an, während der fünfwöchigen Behandlungsdauer Fachkräfte des Gesundheitswesens, vor allem Hausärzte und Chiropraktiker aufgesucht zu haben. Der höchste Prozentsatz wurde dabei in der Kontrollgruppe der Warteliste (17%) verzeichnet.

Generell, so das Ergebnis der Studie, berichtete die Mehrzahl der Studienteilnehmer*innen über klinisch relevante Verbesserungen sowohl in der Bewegungseinschränkung als auch in der Schmerzintensität (im Vergleich zur Kontrollgruppe). Statistisch signifikante Unterschiede zeigten sich aber nur bei den 60-minütigen Behandlungen, die mehrmals pro Woche angewendet wurden.

Die Bewegungseinschränkungen im Nackenbereich (NDI-Wert) verbesserte sich in allen Versuchsgruppen, wohingegen er sich in der Kontrollgruppe (Warteliste) verschlechterte. Die Unterschiede gegenüber der Kontrollgruppe sind in allen Versuchsgruppen – mit Ausnahme der Gruppe mit den dreimal 30 Behandlungsminuten pro Woche – signifikant. In punkto Nackenschmerzen zeigten sich signifikante Verbesserungen nur bei zwei- und dreimaligen 60-minütigen Behandlungen pro Woche.

In einem zusätzlichen Vergleich der 60-minütigen Behandlungen (0 bis dreimal pro Woche) zeigt sich eine signifikante, dosisabhängige Besserung, sowohl was die Beweglichkeit als auch die Schmerzintensität betrifft.

Als zusätzliches Ergebnis führen die Autor*innen an, dass Teilnehmer*innen aus drei Versuchsgruppen signifikant häufiger angaben, dass ihre Nackenschmerzen viel besser geworden wären oder sogar ganz verschwunden sind (im Vergleich zur Kontrollgruppe): Das war die 30-Minuten-Dreimal-Wöchentlich-, die 60-Minuten-Zweimal-Wöchentlich- und die 60-Minuten-Dreimal-Wöchentlich-Gruppe, wobei die letztere Gruppe deutlich besser abschnitt als alle anderen Gruppen.

Als unerwünschte Wirkungen berichten 10 Teilnehmer*innen (5,2% aller) über 11 leichte und 3 mittelschwere Folgen (Schmerzen, vor allem Wirbelsäulenschmerzen), die „zumindest möglicherweise mit der Massage zusammenhängen“. Die Nebenwirkungen traten bei 4% der 30-minütigen und bei 6% der 60-minütigen Behandlungen auf, sowie 7,9% bei einer, 2,6% bei zwei und 6,7% bei drei Behandlungen pro Woche.

Schlussfolgerungen und Diskussion

Wenngleich die 30-minütigen Massagen (weder zweimal noch dreimal die Woche angewendet) keine signifikanten Verbesserungen gegenüber der Kontrollgruppe aufweisen konnten, zeigte sich doch bei den 60-minütigen Massagen eine klare Wirkungszunahme mit der Anzahl der Behandlungen pro Woche. Besonders deutlich waren die positiven Effekte (auf Mobilität und Schmerz) bei zwei- und dreimaliger Anwendung einer 60-minütigen Massagebehandlung pro Woche.

Generell konnte in dieser Studie die Wirksamkeit von 60-minütigen Massagen gezeigt werden, wobei sich im Vergleich zur Kontrollgruppe die positiven Effekte in der Nackenfunktionalität bei 2 Behandlungen pro Woche um den Faktor 3 erhöhten und bei 3 Behandlungen pro Woche um den Faktor 5.

Veränderungen in der Anwendung von Medikamenten oder Arztbesuche konnten, so haben die Autor*innen ihre Daten überprüft, die Ergebnisse nicht erklären. Wohl aber zeigten sich einige wenige – im Allgemeinen – milde unerwünschte Ergebnisse (vorübergehende Schmerzzunahmen), woraus abgeleitet werden kann, dass die Methode relativ sicher durchgeführt werden kann, wenn sie von entsprechend ausgebildeten BehandlerInnen ausgeführt wird. Die Ergebnisse zeigen, so die Autor*innen, insgesamt Ähnlichkeit mit den Ergebnissen von einer früheren Studie zu chronischen Nackenschmerzen1Sherman KJ, Cherkin DC, Hawkes RJ, Miglioretti DL, Deyo RA: Randomized trial of therapeutic massage for chronic neck pain. Clin J Pain. 2009;25(3):233–238. und zu Rückenschmerzen2Cherkin D, Sherman K, Kahn J et al.: A comparison of the effects of 2 types of massage and usual care on chronic low back pain: a randomized controlled trial.Ann Intern Med. 2011;155(1):1–9..

Auf Basis der Ergebnisse nehmen die Autor*innen an, dass in vielen Studien möglicherweise nicht ausreichende Dosen in der Massageanwendung angewendet wurden. So wurden in einer Cochrane-Review 20123Patel KC, Gross A, Graham N et al.: Massage for mechanical neck disorders.Cochrane Database Syst Rev. 2012;9:CD004871. neun Studien zur Massage bei subakuten oder chronischen Nackenschmerzen einbezogen. Unter den sieben Studien mit möglicherweise relevantem Design waren vier Studien, bei denen nur eine einzige Sitzung einer einzigen Massagetechnik (weniger als fünf Minuten lang) angewendet wurde. Eine Studie umfasste nur fünf 30-minütige Massagen über zwei Wochen, eine Studie fünf 45-minütige Behandlungen über ein Monat und die letzte war eine Serie von wöchentlichen 60-minütigen Massagen.

Auch, so die Autor*innen weiter, fehle es den meisten Studien an Massagen, die der konventionellen Massagepraxis in den USA ähneln. Dort sind 60-minütige Behandlungen die Norm, die von lizenzierten Behandler*innen durchgeführt werden. Dabei wird eine breite Palette von Massagetechniken innerhalb einer Behandlung angewendet und zugleich Empfehlungen zur Selbstbehandlung (self-care recommendations) gegeben.4Sherman KJ, Cherkin DC, Kahn J et al.: A survey of training and practice patterns of massage therapists in two US states. BMC Complement Altern Med.2005;5:13.

Als einschränkende Faktoren ihrer Untersuchung beschreiben die Autor*innen vor allem die bescheidenen Stichprobengrößen in jeder Gruppe, die Unfähigkeit, unspezifische Aufmerksamkeitseffekte mit Hilfe eines Wartelisten-Kontrolldesigns zu kontrollieren, und die Einbeziehung von Patient*innen, die primär leichte bis mittelschwere Nackenschmerzen hatten. Auch die eher kurzfristige Nachbeobachtung könnte ihrer Meinung nach als Schwäche der Studie gesehen werden. Das Verbot, Empfehlungen zur Selbstpflege zu geben, könnte eine Einschränkung in dem Sinne darstellen, dass Massagetherapeut*innen normalerweise solche Empfehlungen aussprechen. Das Verbot war aber mit dem Hintergrund gegeben worden, dass die Ergebnisse damit stärker die ausschließlichen Effekte der Massage für sich widerspiegeln.

In unveröffentlichten Daten einer größeren Studie, die die Praxis von 126 Massagetherapeut*innen beschreibt5Ebd., konnten die Autor*innen feststellen, dass die Behandler*innen in 87% der 165 Besuche bei chronischen Nackenschmerzen, am häufigsten Körperwahrnehmung (49%), Wärme- und/oder Kältetherapie (43%) und Bewegung (42%) als Selbstbehandlung empfahlen.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Sherman KJ, Cherkin DC, Hawkes RJ, Miglioretti DL, Deyo RA: Randomized trial of therapeutic massage for chronic neck pain. Clin J Pain. 2009;25(3):233–238.
  • 2
    Cherkin D, Sherman K, Kahn J et al.: A comparison of the effects of 2 types of massage and usual care on chronic low back pain: a randomized controlled trial.Ann Intern Med. 2011;155(1):1–9.
  • 3
    Patel KC, Gross A, Graham N et al.: Massage for mechanical neck disorders.Cochrane Database Syst Rev. 2012;9:CD004871.
  • 4
    Sherman KJ, Cherkin DC, Kahn J et al.: A survey of training and practice patterns of massage therapists in two US states. BMC Complement Altern Med.2005;5:13.
  • 5
    Ebd.

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