O’Keefe, Mary: Non-pharmacological treatment of low back pain in primary care

Rückenbehandlung

Sekundäre Maßnahmen: Behandlungen, die in Betracht gezogen werden sollten

Die angeführten sekundären Maßnahmen gelten als sicher, allerdings besteht der Autorin zufolge nicht die Notwendigkeit, sie allen Patient*innen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus besteht Unsicherheit bezüglich der „objektiven“ Wirksamkeit vieler dieser Behandlungsmethoden.

  • Übungs-/Bewegungstherapie: Alle drei Leitlinien empfehlen Übungs-/Bewegungstherapie bei unteren Rückenschmerzen, wobei die Art der Übung je nach Stadium der Erkrankung variiert. Im akuten Stadium der Erkrankung sind spezifische Übungen oder ein spezifisches Übungsprogramm nicht erforderlich. Das Wichtigste ist, dass Betroffene in dieser Phase ermutigt werden, aktiv zu bleiben (mit der Klarstellung, dass Aktivität für die Wirbelsäule nicht gefährlich ist).

Für anhaltende oder chronische Beschwerden hingegen wird ein strukturiertes Training empfohlen, wobei es klare Belege dafür gibt, dass alle Übungsformen (z.B. Yoga, Pilates, Walking) ähnliche Wirksamkeit aufweisen.1Jarvik JG, Gold LS, Comstock BA, et al.: Association of early imaging for back pain with clinical outcomes in older adults. JAMA 2015;313:1143-53. Für die Auswahl der Trainingsprogramme sollten deshalb vor allem individuelle Bedürfnisse, Präferenzen und Fähigkeiten im Vordergrund stehen. Darüber hinaus weisen Studienergebnisse darauf hin, dass Übungen auf Einzel- und Gruppenbasis gleichen Einfluss auf Schmerzen und Behinderung aufweisen.2O’Keeffe M, Maher CG, Stanton TR, et al.: Mass media campaigns are needed to counter misconceptions about back pain and promote higher value care. British J Sports Med 2018;30.

Aktuell gibt es Hinweise darauf, dass Übungs-/Bewegungstherapie zukünftiges Auftreten von unteren Rückenschmerzen verhindern kann.3Die vorliegenden Studien dazu sind allerdings klein, vgl. Traeger AC, Hübscher M, Henschke N, et al.: Effect of primary care-based education on reassurance in patients with acute low back pain: systematic review and meta-analysis. JAMA inter med 2015;175:733–43.

  • Psychologische Therapien: Psychologische Therapien wie kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeit und multidisziplinäre Therapie werden in den Leitlinien für akutes LBP nicht empfohlen, wohl aber für anhaltende oder chronische Beschwerden, die auf frühere Behandlungen nicht angesprochen haben.

Kognitive Verhaltenstherapie, so ein Cochrane-Review, dürfte kurzfristig wirksam sein und auch eine  multidisziplinäre Behandlung zeigt in einer Cochrane-Review geringfügige Verbesserungen von Schmerz, Behinderung und Arbeitsstatus.4Rubinstein SM, de Zoete A, van Middelkoop M, et al.: Benefits and harms of spinal manipulative therapy for the treatment of chronic low back pain: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2019;4.
Furlan AD, Giraldo M, Baskwill A, et al.: Massage for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev 2015;18.

Umgekehrt können psychologische Faktoren Episoden von unteren Rückenschmerzen auslösen und mit einem höheren Grad an Behinderung verbunden sein.5Liu L, Skinner M, McDonough S, et al.: Acupuncture for low back pain: an overview of systematic reviews. J Evid Based Complement Altern Med 2015;2015:1–18.
Weil die meisten Menschen untere Rückenschmerzen ausschließlich biomedizinisch betrachten, könnte es von Wichtigkeit sein, Patient*innen über den Einfluss von Stimmungen, Glaubenssätzen, Vertrauen, Angst und Furcht aufzuklären.

  • Wirbelsäulenmanipulation (Chiropraktik) und -massage: Die US-amerikanischen und dänischen Richtlinien empfahlen Wirbelsäulenmanipulation und -massage. Die Studienlage für diese beiden Behandlungen ist gemischt, eine 2019 durchgeführte systematische Review stellt Chiropraktik in der Verringerung von Schmerzen und Funktionseinschränkungen nach 6 und 12 Monaten als nicht wirksamer dar als eine Scheintherapie.6Rubinstein SM, de Zoete A, van Middelkoop M, et al.: Benefits and harms of spinal manipulative therapy for the treatment of chronic low back pain: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2019;4. Im scheinbaren Gegensatz dazu empfiehlt die Cochrane-Review von Furlan et al. die Massage als wirksame Behandlung bei chronischen unteren Rückenschmerzen.7Furlan AD, Giraldo M, Baskwill A, et al.: Massage for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev 2015;18.

Die britische Richtlinie empfiehlt Wirbelsäulenmanipulation und -massage nur zusammen mit einem Trainingsprogramm.

  • Akupunktur: Akupunktur zeigt unterschiedliche Ergebnisse. Die USA-Richtlinie empfiehlt Akupunktur, wobei diese Empfehlung, so die Autorin, auf „schwachen“ Studien beruht, die belegen, dass Akupunktur einen kleinen und kurzfristigen Effekt bei Schmerzen (im Vergleich zu einer Scheinbehandlung) hat.8Liu L, Skinner M, McDonough S, et al.: Acupuncture for low back pain: an overview of systematic reviews. J Evid Based Complement Altern Med 2015;2015:1–18.

Die britischen und dänischen Leitlinien hingegen sprechen sich wegen des geringen Effekts, der fehlenden Überlegenheit gegenüber Scheinakupunktur und wegen einer fehlenden biologischen Plausibilität gegen die Anwendung von Akupunktur aus. Insgesamt, so die Autorin ergänzend (und von ihr nicht belegt), zeigt Akupunktur in hochwertigen Studien kaum/keine Wirksamkeit.

  • Wärmebehandlung: Auf Basis einer Cochrane-Review9French SD, Cameron M, Walker BF, et al.: A cochrane review of superficial heat or cold for low back pain. Spine 2006;31:998–1006., die einen mäßigen und kurzfristigen Einfluss auf den Schmerz durch Wärmeanwendung zeigt, befürwortet die USA-Richtlinie deren Anwendung.10Die britischen und dänischen Richtlinien beziehen sich nicht auf Wärmeanwendung. Letztlich, so die Autorin, liegen keine ausreichenden Studienergebnisse für die Empfehlung von Wärmetherapie bei chronischen unteren Rückenschmerzen vor.11Ebd.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Jarvik JG, Gold LS, Comstock BA, et al.: Association of early imaging for back pain with clinical outcomes in older adults. JAMA 2015;313:1143-53.
  • 2
    O’Keeffe M, Maher CG, Stanton TR, et al.: Mass media campaigns are needed to counter misconceptions about back pain and promote higher value care. British J Sports Med 2018;30.
  • 3
    Die vorliegenden Studien dazu sind allerdings klein, vgl. Traeger AC, Hübscher M, Henschke N, et al.: Effect of primary care-based education on reassurance in patients with acute low back pain: systematic review and meta-analysis. JAMA inter med 2015;175:733–43.
  • 4
    Rubinstein SM, de Zoete A, van Middelkoop M, et al.: Benefits and harms of spinal manipulative therapy for the treatment of chronic low back pain: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2019;4.
    Furlan AD, Giraldo M, Baskwill A, et al.: Massage for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev 2015;18.
  • 5
    Liu L, Skinner M, McDonough S, et al.: Acupuncture for low back pain: an overview of systematic reviews. J Evid Based Complement Altern Med 2015;2015:1–18.
    Weil die meisten Menschen untere Rückenschmerzen ausschließlich biomedizinisch betrachten, könnte es von Wichtigkeit sein, Patient*innen über den Einfluss von Stimmungen, Glaubenssätzen, Vertrauen, Angst und Furcht aufzuklären.
  • 6
    Rubinstein SM, de Zoete A, van Middelkoop M, et al.: Benefits and harms of spinal manipulative therapy for the treatment of chronic low back pain: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2019;4.
  • 7
    Furlan AD, Giraldo M, Baskwill A, et al.: Massage for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev 2015;18.
  • 8
    Liu L, Skinner M, McDonough S, et al.: Acupuncture for low back pain: an overview of systematic reviews. J Evid Based Complement Altern Med 2015;2015:1–18.
  • 9
    French SD, Cameron M, Walker BF, et al.: A cochrane review of superficial heat or cold for low back pain. Spine 2006;31:998–1006.
  • 10
    Die britischen und dänischen Richtlinien beziehen sich nicht auf Wärmeanwendung.
  • 11
    Ebd.

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