Ohr-Akupressur fördert das sexuelle Wohlbefinden bei stillenden Frauen
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Schwangerschaft und Geburt bringen umfangreiche körperliche, psychologische, soziale und hormonelle Veränderungen mit sich, die das sexuelle Wohlbefinden von Frauen und die Qualität ihres Sexuallebens beeinträchtigen können. Durch Ohr-Akupressur können diese Auswirkungen aber positiv beeinflusst werden, wie eine Studie von Sanaz Barghamadi et al. (20231Zainab Alimoardi, Sanaz Barghamadi, Terry Oleson, Mohammad Hossein Ayati, Mark D. Griffiths, Nasim Bahrami: The effect of ear acupressure on sexual functioning among lactating women: A randomized sham controlled trial. European Journal of Integrative Medicine, Volume 63, 2023. https://doi.org/10.1016/j.eujim.2023.102285.) zeigt.
Hintergrund
Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Stressfaktoren, die durch Kinderbetreuung und Veränderungen des Körperbildes bedingt sind, können zusammen mit den hormonellen Veränderungen das Interesse am Sexualleben in dieser Zeit verringern.2Die Autor*innen verweisen auf Abdelhakm EM, Said AR, Elsayed DMS: Effect of PLISSIT model sexual counseling program on sexual quality of life for postpartum women. Am J Nurs Sci. 2018;7(2):63. Prolaktin, das wesentlich für die Milchproduktion verantwortlich ist, senkt zugleich aber auch den Spiegel von Androgen und Östrogen, wodurch es zu vaginaler Trockenheit, Atrophie des Vaginalepithels3Vaginale Atrophie bezeichnet die Rückbildung der Scheidenwand und der Epithelfalten bis zu einer dünnen und glatten Oberfläche. und Dyspareunie4Dyspareunie ist eine sexuelle Funktionsstörung, die sich meist durch brennende oder krampfartige Schmerzen im Genitalbereich beim Geschlechtsverkehr äußert und meist zum Ausbleiben eines Orgasmus führt. kommt. Etwa zwei Drittel der Frauen, so berichten Studien, haben während der Stillzeit ein sexuelles Problem, wie verminderte Libido, mangelndes sexuelles Vergnügen, Dyspareunie oder vaginale Trockenheit.5Die Autor*innen verweisen auf Acele EÖ, Karaçam Z. Sexual problems in women during the first postpartum year and related conditions. J Clin Nurs. 2012;21(7–8):929–37 und Mohammed YF, Hassan HM, Al-Dinary AM, Rashed NS. Sexual function after child birth according to the mode of delivery. AAMJ. 2014;12(4):264–84. In der Regel bessern sich diese Beschwerden innerhalb eines Jahres nach der Entbindung. Die Prävalenz6Als Prävalenz bezeichnet man die Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt. sexueller Funktionsstörungen steigt von 19 bis 63 % in der präpartalen Periode auf 34 bis 91 % in der postpartalen Periode.7Die Autor*innen verweisen auf Williams A, Herron-Marx S, Carolyn H. The prevalence of enduring postnatal perineal morbidity and its relationship to perineal trauma. Midwifery. 2007;23(4):392–403. Die Ergebnisse verschiedener iranischer Studien bestätigen die hohe Prävalenz (31,5 bis 85,4 %) sexueller Funktionsstörungen während der Stillzeit. Die Autor*innen verweisen dazu auf Ahmad Shirvani M, Bagheri NM: Sexual dysfunction and related factors among breast feeding women. Iran J Obstet Gynecol Infertility. 2011;14(5):38–44; und Tork Zahrani S, Banaei M, Ozgoli G, Azad M: Investigation of the postpartum female sexual dysfunction in breastfeeding women referring to healthcare centers of Bandar Abbas. Iran J Obstet Gynecol Infertility. 2016;19(35):1–12.
Innerhalb von 8 bis 12 Wochen nach der Geburt, so führen die Autor*innen weiter aus, versuchen die meisten Frauen zu ihrem Sexualleben zurückzukehren. Es kann jedoch bis zu einem Jahr dauern, bis die sexuellen Beziehungen wieder die gleiche Qualität wie vor der Schwangerschaft erreichen8Die Autor*innen verweisen auf Yörük F, Karaçam Z: The effectiveness of the PLISSIT model in solving postpartum sexual problems experienced by women. Athens J Health. 2016;3(3):235–7. wobei Psychotherapie und Pharmakotherapie als die beiden wichtigsten Methoden zur Behandlung der weiblichen sexuellen Dysfunktion (FSD) gelten. Allerdings empfiehlt die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) weder Lebensmittel noch Medikamente zur Behandlung von FSD9Die Autor*innen verweisen auf Belkin ZR, Krapf JM, Goldstein AT: Drugs in early clinical development for the treatment of female sexual dysfunction. Expert Opin Investig Drugs. 2015;24(2):159–67., weshalb nicht-pharmakologische Therapien, wie beispielsweise die Ohr-Akupressur10Das Außenohr ist eines der verschiedenen somatotopen Mikrosysteme, die bei der Akupressur verwendet werden können, erläutern die Autor*innen. Die Ohrakupressur (Aurikulotherapie, Aurikularakupressur) wurde erstmals in der alten chinesischen Medizin (300 bis 500 Jahre v. Chr.) vorgestellt, Paul Nogier war der erste westliche Arzt, der die Ohr-Akupressur auf wissenschaftliche Weise darlegte. Nach dieser Theorie ist jeder Teil des Körpers mit einem bestimmten Teil des Ohrs verbunden, der den physiologischen oder pathologischen Zustand des Körpers widerspiegelt. In Bezug auf die Wirksamkeit von Ohr-Akupressur verweisen die Autor*innen auf Studien, die deren Wirksamkeit bei Schlaflosigkeit, Schlaflosigkeit, Menstruationsbeschwerden und Dysmenorrhoe, prämenstruellen Schmerzen, chemotherapiebedingter Übelkeit und Erbrechen, Raucherentwöhnung, Fettleibigkeit und Kurzatmigkeit belegen und beispielsweise auf Yeh M-L, Chang Y-C, Huang Y-Y, Lee T-Y: A randomized controlled trial of auricular acupressure in heart rate variability and quality of life for hypertension. Complement Ther Med. 2015;23(2):200–9 sowie auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die die Ohrakupunktur aufgrund ihrer Wirksamkeit bei der Behandlung von Gesundheitsstörungen als vielversprechenden therapeutischen Ansatz anerkannt hat, vgl. Tan J-Y, Molassiotis A, Wang T, Suen LK: Current evidence on auricular therapy for chemotherapy-induced nausea and vomiting in cancer patients: a systematic review of randomized controlled trials. Evid Based Complement Alternat Med. 2014;2014:18., eine potenziell gute und nicht-invasive (sichere) Alternative zur pharmakologischen Therapie darstellen, die für Mütter, die sich in der Zeit nach der Geburt um ihr Kind kümmern müssen, leicht anwendbar ist.
Studiendesign
Das Ziel der Studie ist die Erforschung der Wirkung von Ohr-Akupressur auf die Sexualfunktion von stillenden Frauen. Die Durchführung erfolgte in Form einer randomisierten und kontrollierten klinischen Studie, in der es neben einer Verum-Gruppe (Anwendung von Ohr-Akupressur) auch eine Sham-Behandlungsgruppe gab.
Teilnehmer*innen
In diese Studie aufgenommen wurden stillende Frauen zwischen 6 Monaten und 1 Jahr nach der Entbindung (über die Gesundheitszentren in Qazvin, einer Stadt im Iran).
- Einschlusskriterien waren: Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie, Lese- und Schreibfähigkeit, Erstgebärende, Stillende, Einlingsgeburt, läsionsfreie (unverletzte) Ohrmuschel, kein Geschwür und keine Schmerzen im Ohr sowie die Fähigkeit/Möglichkeit, an allen Interventionssitzungen teilzunehmen.
- Ausschlusskriterien waren die Trennung vom Ehepartner für mehr als einen Monat, Komplikationen während der Schwangerschaft oder eine postpartale Depression in der Zeit nach der Geburt des Kindes11Diagnostische Erfassung mit der Edinburgh Postpartum Depression Scale., Drogenmissbrauch bei der Frau oder ihrem Ehepartner und Erkrankungen, die die sexuelle Funktion beeinträchtigen (z. B. vorzeitiger Samenerguss, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychische Störungen, Schilddrüsenerkrankungen, jegliche Form von Krebs oder Verletzungen im Genitalbereich). Die Einnahme von Medikamenten, die die Sexualfunktion beeinträchtigen, wie Psychopharmaka, kardiovaskuläre, neurologische und hormonelle Medikamente, war ebenfalls ein Ausschlussgrund.
Insgesamt nahmen 76 stillende Frauen an der Studie teil, wobei es signifikante Unterschiede zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe gab (Ausgangswerte des FSFI und der SQoL-Mittelwerte, Depressionsmittelwert, das sexuelle Verlangen des Ehepartners, Bildungsstand, die verwendete Verhütungsmethode und die Vorgeschichte von Dyspareunie während der Schwangerschaft), die als Kovarianz in der Auswertung berücksichtigt wurden.
Die Ausfallsquote betrug 15,8 Prozent, wobei sechs Frauen aus der Interventionsgruppe ausschieden: zwei aufgrund einer leichten Ohrinfektion an der Stelle aus, an der das Klebeband mit einem Samen angebracht wurde; eine, weil sie Schmerzen verspürte, wenn sie auf die Stelle des Klebebands mit einem Samen drückte; drei, weil ihr Ehepartner nicht wollte, dass sie Klebebänder an ihren Ohren anbrachten.
Interventions- und Sham-Kontrollgruppe
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Es wurden 10 Sitzungen im Abstand von jeweils vier Tagen durchgeführt. Während dieser Sitzungen wurden die Samen auf die vorgesehenen Ohr-Akupressurpunkte geklebt und die Frauen angewiesen, die Samen drei Tage lang auf den Ohren zu belassen, wobei jeder Punkt dreimal täglich für 20 Sekunden gedrückt werden sollte. Der Druck sollte mit mäßiger Stimulation durch gleichmäßiges und leichtes Drücken erfolgen, bis ein leichtes Kribbeln und Unbehagen zu spüren ist. Nach drei Tagen wurden die Frauen gebeten, die Samen zu entfernen und sich einen Tag lang auszuruhen. Die Frauen wurden täglich per SMS und telefonisch an die nächste Interventionssitzung erinnert. Sollte eine Teilnehmerin aus irgendeinem Grund Probleme bei der Anwendung der Methode haben (Verrutschen der Samen, Unbehagen usw.), konnte sie den vorherigen Samen entfernen und den Forscher bitten, neue Samen anzubringen.
Sham-Kontrollgruppe: Die Sitzungen der Kontrollgruppe waren mit denen der Interventionsgruppe identisch, allerdings mit dem Unterschied, dass keine Vaccaria-Samen, nur die Klebebänder auf den Ohr-Akupressurpunkten angebracht wurden.
Datenerhebung
Es wurden in der Studie vier Maßnahmen zur Datenerhebung durchgeführt.
- Demografischer und geburtshilflicher Fragebogen: Der demografische Teil umfasste Fragen zu Alter, Bildungsstand, Beruf, Wohnort, wirtschaftlichem Status, Alter bei der Heirat und Dauer der Ehe. Der geburtshilfliche Teil umfasste Fragen zur Anzahl der Schwangerschaften, zur Art der Verhütungsmethode, zum Entbindungsdatum, zur Art der Entbindung, zu Dammverletzungen, zur instrumentellen Entbindung, zur Vorgeschichte von schmerzhaftem Geschlechtsverkehr in der vorgeburtlichen Zeit, zum Geschlecht des Kindes, zum Geburtsgewicht, zur ersten Stillzeit, zur Anzahl des Geschlechtsverkehrs pro Monat vor der Schwangerschaft, zum Beginn des ersten Geschlechtsverkehrs nach der Entbindung und zur durchschnittlichen Anzahl des Geschlechtsverkehrs pro Woche während der Stillzeit.
- Female Sexual Function Index (FSFI): Der Female Sexual Function Index (Index der weiblichen Sexualfunktion ) wurde von Rosen et al. entwickelt, um die sexuelle Funktion bei Frauen in den letzten vier Wochen zu bewerten.13Vgl. https://www.researchgate.net/publication/12535220_The_Female_Sexual_Function_Index_FSFI_A_Multidimensional_Self-Report_Instrument_for_the_Assessment_of_Female_Sexual_Function. Er besteht aus 19 Items, die in sechs Unterkategorien unterteilt sind: sexuelles Verlangen (2 Items), Erregung (4 Items), Lubrikation (4 Items), Orgasmus (3 Items), Zufriedenheit (3 Items) und Schmerzen (3 Items). Diese Unterkategorien haben Antwortbereiche von 0 oder 1 bis 5. Die maximale Punktzahl für jeden Bereich beträgt 6 und für die gesamte Skala 36. Ein Wert unter 28 wird als Hinweis auf eine sexuelle Funktionsstörung gewertet./div><
- Die Edinburgh Postpartum Depression Rating Scale: Diese 10-teilige Skala wurde entwickelt, um Depressionen ab 6 Wochen nach der Entbindung zu erfassen.14Die Werte der Edinburgh-Skala liegen zwischen 0 und 30, wobei 12 Punkte (und darüber) auf eine postpartale Depression hinweisen.
- Sexual Quality of Life-Female (SQoL-F): Beim Sexual Quality of Life-Female (SQoL-F) handelt sich um einen von Symonds et al. entwickelten, kurzen Fragebogen, der speziell die Beziehung zwischen der sexuellen Funktion und der Lebensqualität von Frauen bewertet.15Der 18 Punkte umfassende Fragebogen konzentriert sich auf das sexuelle Selbstwertgefühl, emotionale Angelegenheiten und Beziehungen. Jedes Item wird auf einer Likert-Skala von starker Zustimmung (6) bis starker Ablehnung (1) beantwortet. Höhere Werte weisen auf eine bessere Qualität des Sexuallebens der Frauen hin. Siehe The sexual quality of life-female (SQOL-F) questionnaire: translation and psychometric properties of the Iranian version | Reproductive Health | Full Text.
Ablauf der Studie
Die Teilnehmer*innen wurden nach dem Zufallsprinzip der Interventions- oder der Kontrollgruppe zugewiesen. Die Teilnehmerinnen, die Prüfer*innen der Ergebnisse und die statistischen Auswerter*innen waren blind dafür, welcher Gruppe eine Teilnehmerin zugeordnet wurde.
Die Fragebögen wurden von den Teilnehmerinnen vor der Intervention ausgefüllt. Die Bewertung der sexuellen Funktion wurde sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe mit Hilfe des FSFI-Fragebogens unmittelbar, sowie ein und zwei Monate nach der Intervention durchgeführt.
Das primäre Ziel der Studie war die Erfassung etwaiger Veränderungen der Qualität des Sexuallebens der Frauen durch die Ohr-Akupressur, die mit dem Fragebogen zur sexuellen Lebensqualität bewertet wurde.
Ergebnisse
Generell zeigte die Untersuchung signifikant positive Ergebnisse in allen untersuchten Bereichen durch die Anwendung der Ohr-Akupressur.
- Sexuelle Funktionsfähigkeit: Die statistische Auswertung zeigt eine signifikante Wirkung der Ohr-Akupressur auf die sexuelle Funktionsfähigkeit, die auch klinisch signifikant ist – sowohl unmittelbar nach den Behandlungen als auch einen und zwei Monate danach.16Ergänzende statistische Überprüfungen belegen, dass die Ergebnisse weder durch unterschiedliche Ausgangswerte noch durch fehlende Werte beeinträchtigt wurden.
- Sexuelle Lebensqualität: Die statistische Auswertung zeigt eine große, signifikante Steigerung der sexuellen Lebensqualität durch die Ohr-Akupressur zu allen Erfassungszeitpunkten, die ebenfalls klinisch signifikant ist.17Auch hier belegen ergänzende statistische Überprüfungen, dass die Ergebnisse weder durch unterschiedliche Ausgangswerte noch durch fehlende Werte beeinträchtigt wurden.
- Häufigkeit des wöchentlichen Geschlechtsverkehrs: Die durchschnittliche Häufigkeit des wöchentlichen Geschlechtsverkehrs stieg in der Interventionsgruppe (im Vergleich zur Kontrollgruppe) zu allen Erfassungszeitpunkten signifikant an, allerdings ohne klinische Signifikanz, wobei die Ausgangsfrequenz eine bedeutsame Einflussgröße (Kovarate) darstellt.18Fehlende Werte beeinträchtigten die Ergebnisse allerdings nicht.
- Unerwünschte Ereignisse: Zwei der Teilnehmerinnen schieden aufgrund einer leichten Ohrinfektion aus der Intervention aus, die auf den (eventuell zu) hohen Druck zurückzuführen sein könnte, den sie auf die Akupunkturpunkte ausübten. Eine weitere Teilnehmerin schied aufgrund von Schmerzen, die durch das Anbringen der Samen entstanden waren, nach der ersten Sitzung aus.
Diskussion der Ergebnisse
Die vorliegende Studie zeigt, dass Ohr-Akupressur eine positive, auch klinisch signifikante Wirkung auf die sexuelle Funktionsfähigkeit von Frauen unmittelbar nach den Behandlungen hat, ebenso einen Monat und zwei Monate danach. Als mögliche Erklärung für diese Wirkung der Ohr-Akupressur vermuten die Autor*innen eine Beeinflussung endokriner Funktionen und physiologischer Mechanismen im Kontext sexueller Funktionsfähigkeit (und verweisen auf ähnliche, vergleichbare Studien im Bereich der Akupunktur19Die Autor*innen verweisen dabei auf Oakley SH, Walther-Liu J, Crisp C, Pauls R: Acupuncture in premenopausal women with hypoactive sexual desire disorder: a prospective cohort pilot study. Sexual Medicine. 2016;4(3):e176-e81; Schlaeger JM, Xu N, Mejta CL, Park CG, Wilkie DJ: Acupuncture for the treatment of vulvodynia: a randomized wait‐list controlled pilot study. Journal of Sexual Medicine. 2015;12(4):1019-27; Curran S, Brotto LA, Fisher H, Knudson G, Cohen T: The ACTIV study: acupuncture treatment in provoked vestibulodynia. Journal of Sexual Medicine. 2010;7(2):981-95. 52; und Khamba B, Aucoin M, Lytle M, Vermani M, Maldonado A, Iorio C, et al.: Efficacy of acupuncture treatment of sexual dysfunction secondary to antidepressants. Journal of Alternative and Complementary Medicine. 2013;19(11):862-9., da sowohl Akupunktur als auch Akupressur denselben Prinzipien der traditionellen chinesischen Medizin folgen).
Die Studie belegt zudem, dass die angewandte Ohr-Akupressur nicht nur die sexuelle Funktionsfähigkeit signifikant erhöht, sondern auch die sexuelle Lebensqualität – und damit die Lebensqualität von Menschen ganz generell, was in Übereinstimmung mit der Erkenntnis steht, dass die sexuelle Funktionsfähigkeit erhebliche positive Wirkungen auf die Lebensqualität von Menschen hat.20Die Autor*innen verweisen auf Nazarpour S, Simbar M, Ramezani Tehrani F, Alavi Majd H: Relationship between sexual function and quality of life in post-menopausal women. Journal of Mazandaran University of Medical Sciences. 2016;26(143):90-8.
Einschränkungen
Mögliche Einschränkungen der Studie sind:
- Es wurde eine Selbstberichts-Methode (d. h. ein Fragebogen) verwendet, um die sexuelle Funktionsfähigkeit bewerten. Die Angaben werden von den Frauen selbst gemacht und sind anfällig für verschiedene Arten von Verzerrungen, einschließlich sozialer Erwünschtheit. Objektive Biomarker konnten aus finanziellen Gründen nicht eingesetzt werden.
- Die sexuelle Funktionsfähigkeit des Ehemanns wurde nicht untersucht.
- Es gab Probleme hinsichtlich der ungleichmäßigen Verteilung einiger Merkmale zwischen den Gruppen bei der Erstmessung und einer hohen Abbrecherquote in der Interventionsgruppe, was sich auf die geschätzte Effektgröße der Intervention ausgewirkt haben könnte. Die Autor*innen versuchten, diese Einschränkung bei der Durchführung der statistischen Analyse zu kontrollieren, indem sie eine angepasste Analyse durchführten und die Ausgangswerte der interessierenden Variablen sowie die unausgewogen verteilten Ausgangsmerkmale kontrollierten.
- Es gab auch fehlende Werte in der Interventionsgruppe für die Nachuntersuchungen. Obwohl die fehlenden Werte bei fast 16 % lagen, wurde aber nicht erwartet, dass dies die Studienergebnisse beeinflussen würde. Um jedoch vorsichtiger zu sein, verwendeten die Autor*innen eine auf einer Regressionsmethode basierende multiple Imputationsmethode, um fehlende Werte zu berücksichtigen. Alle Analysen wurden mit mehrfach imputierten fehlenden Daten durchgeführt und die geschätzten Effektgrößen mit angepassten Modellen verglichen. Da die prozentualen Veränderungen bei fast allen Studienvariablen über die Zeitpunkte hinweg weniger als 10 % betrugen, wurde der Schluss gezogen, dass die fehlenden Daten die vorliegenden Ergebnisse nicht wesentlich beeinflussten.
- Die Verwendung von Klebebändern ohne Samen ist eine gängige Sham-Anwendung, die in der Literatur verwendet wird 21Die Autor*innen verweisen auf Zhang CS, Yang AW, Zhang AL, May BH, Xue CC: Sham control methods used in ear-acupuncture/ear-acupressure randomized controlled trials: a systematic review. The Journal of Alternative and Complementary Medicine. 2014;20(3):147-61., aber der Fingerdruck auf Akupunkturpunkte ohne Samen könnte dennoch eine gewisse therapeutische Wirkung gehabt haben. Allerdings wurde ein (möglicher) therapeutischer Effekt des Fingerdrucks auf Akupunkturpunkte in der vorliegenden Studie nicht beobachtet, da die Veränderung der Mittelwerte des FSFI und des SQoL in der Kontrollgruppe über die Studienzeitpunkte hinweg nicht signifikant war.
Anmerkungen/Fußnoten
- 1Zainab Alimoardi, Sanaz Barghamadi, Terry Oleson, Mohammad Hossein Ayati, Mark D. Griffiths, Nasim Bahrami: The effect of ear acupressure on sexual functioning among lactating women: A randomized sham controlled trial. European Journal of Integrative Medicine, Volume 63, 2023. https://doi.org/10.1016/j.eujim.2023.102285.
- 2Die Autor*innen verweisen auf Abdelhakm EM, Said AR, Elsayed DMS: Effect of PLISSIT model sexual counseling program on sexual quality of life for postpartum women. Am J Nurs Sci. 2018;7(2):63.
- 3Vaginale Atrophie bezeichnet die Rückbildung der Scheidenwand und der Epithelfalten bis zu einer dünnen und glatten Oberfläche.
- 4Dyspareunie ist eine sexuelle Funktionsstörung, die sich meist durch brennende oder krampfartige Schmerzen im Genitalbereich beim Geschlechtsverkehr äußert und meist zum Ausbleiben eines Orgasmus führt.
- 5Die Autor*innen verweisen auf Acele EÖ, Karaçam Z. Sexual problems in women during the first postpartum year and related conditions. J Clin Nurs. 2012;21(7–8):929–37 und Mohammed YF, Hassan HM, Al-Dinary AM, Rashed NS. Sexual function after child birth according to the mode of delivery. AAMJ. 2014;12(4):264–84.
- 6Als Prävalenz bezeichnet man die Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt.
- 7Die Autor*innen verweisen auf Williams A, Herron-Marx S, Carolyn H. The prevalence of enduring postnatal perineal morbidity and its relationship to perineal trauma. Midwifery. 2007;23(4):392–403. Die Ergebnisse verschiedener iranischer Studien bestätigen die hohe Prävalenz (31,5 bis 85,4 %) sexueller Funktionsstörungen während der Stillzeit. Die Autor*innen verweisen dazu auf Ahmad Shirvani M, Bagheri NM: Sexual dysfunction and related factors among breast feeding women. Iran J Obstet Gynecol Infertility. 2011;14(5):38–44; und Tork Zahrani S, Banaei M, Ozgoli G, Azad M: Investigation of the postpartum female sexual dysfunction in breastfeeding women referring to healthcare centers of Bandar Abbas. Iran J Obstet Gynecol Infertility. 2016;19(35):1–12.
- 8Die Autor*innen verweisen auf Yörük F, Karaçam Z: The effectiveness of the PLISSIT model in solving postpartum sexual problems experienced by women. Athens J Health. 2016;3(3):235–7.
- 9Die Autor*innen verweisen auf Belkin ZR, Krapf JM, Goldstein AT: Drugs in early clinical development for the treatment of female sexual dysfunction. Expert Opin Investig Drugs. 2015;24(2):159–67.
- 10Das Außenohr ist eines der verschiedenen somatotopen Mikrosysteme, die bei der Akupressur verwendet werden können, erläutern die Autor*innen. Die Ohrakupressur (Aurikulotherapie, Aurikularakupressur) wurde erstmals in der alten chinesischen Medizin (300 bis 500 Jahre v. Chr.) vorgestellt, Paul Nogier war der erste westliche Arzt, der die Ohr-Akupressur auf wissenschaftliche Weise darlegte. Nach dieser Theorie ist jeder Teil des Körpers mit einem bestimmten Teil des Ohrs verbunden, der den physiologischen oder pathologischen Zustand des Körpers widerspiegelt. In Bezug auf die Wirksamkeit von Ohr-Akupressur verweisen die Autor*innen auf Studien, die deren Wirksamkeit bei Schlaflosigkeit, Schlaflosigkeit, Menstruationsbeschwerden und Dysmenorrhoe, prämenstruellen Schmerzen, chemotherapiebedingter Übelkeit und Erbrechen, Raucherentwöhnung, Fettleibigkeit und Kurzatmigkeit belegen und beispielsweise auf Yeh M-L, Chang Y-C, Huang Y-Y, Lee T-Y: A randomized controlled trial of auricular acupressure in heart rate variability and quality of life for hypertension. Complement Ther Med. 2015;23(2):200–9 sowie auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die die Ohrakupunktur aufgrund ihrer Wirksamkeit bei der Behandlung von Gesundheitsstörungen als vielversprechenden therapeutischen Ansatz anerkannt hat, vgl. Tan J-Y, Molassiotis A, Wang T, Suen LK: Current evidence on auricular therapy for chemotherapy-induced nausea and vomiting in cancer patients: a systematic review of randomized controlled trials. Evid Based Complement Alternat Med. 2014;2014:18.
- 11Diagnostische Erfassung mit der Edinburgh Postpartum Depression Scale.
- 12Samen des im asiatischen Raum weit verbreiteten Kuhkrauts (Vaccaria). Die Samenkügelchen haben einen Durchmesser von ca. 1 mm.
- 13Vgl. https://www.researchgate.net/publication/12535220_The_Female_Sexual_Function_Index_FSFI_A_Multidimensional_Self-Report_Instrument_for_the_Assessment_of_Female_Sexual_Function. Er besteht aus 19 Items, die in sechs Unterkategorien unterteilt sind: sexuelles Verlangen (2 Items), Erregung (4 Items), Lubrikation (4 Items), Orgasmus (3 Items), Zufriedenheit (3 Items) und Schmerzen (3 Items). Diese Unterkategorien haben Antwortbereiche von 0 oder 1 bis 5. Die maximale Punktzahl für jeden Bereich beträgt 6 und für die gesamte Skala 36. Ein Wert unter 28 wird als Hinweis auf eine sexuelle Funktionsstörung gewertet.
- 14Die Werte der Edinburgh-Skala liegen zwischen 0 und 30, wobei 12 Punkte (und darüber) auf eine postpartale Depression hinweisen.
- 15Der 18 Punkte umfassende Fragebogen konzentriert sich auf das sexuelle Selbstwertgefühl, emotionale Angelegenheiten und Beziehungen. Jedes Item wird auf einer Likert-Skala von starker Zustimmung (6) bis starker Ablehnung (1) beantwortet. Höhere Werte weisen auf eine bessere Qualität des Sexuallebens der Frauen hin. Siehe The sexual quality of life-female (SQOL-F) questionnaire: translation and psychometric properties of the Iranian version | Reproductive Health | Full Text.
- 16Ergänzende statistische Überprüfungen belegen, dass die Ergebnisse weder durch unterschiedliche Ausgangswerte noch durch fehlende Werte beeinträchtigt wurden.
- 17Auch hier belegen ergänzende statistische Überprüfungen, dass die Ergebnisse weder durch unterschiedliche Ausgangswerte noch durch fehlende Werte beeinträchtigt wurden.
- 18Fehlende Werte beeinträchtigten die Ergebnisse allerdings nicht.
- 19Die Autor*innen verweisen dabei auf Oakley SH, Walther-Liu J, Crisp C, Pauls R: Acupuncture in premenopausal women with hypoactive sexual desire disorder: a prospective cohort pilot study. Sexual Medicine. 2016;4(3):e176-e81; Schlaeger JM, Xu N, Mejta CL, Park CG, Wilkie DJ: Acupuncture for the treatment of vulvodynia: a randomized wait‐list controlled pilot study. Journal of Sexual Medicine. 2015;12(4):1019-27; Curran S, Brotto LA, Fisher H, Knudson G, Cohen T: The ACTIV study: acupuncture treatment in provoked vestibulodynia. Journal of Sexual Medicine. 2010;7(2):981-95. 52; und Khamba B, Aucoin M, Lytle M, Vermani M, Maldonado A, Iorio C, et al.: Efficacy of acupuncture treatment of sexual dysfunction secondary to antidepressants. Journal of Alternative and Complementary Medicine. 2013;19(11):862-9.
- 20Die Autor*innen verweisen auf Nazarpour S, Simbar M, Ramezani Tehrani F, Alavi Majd H: Relationship between sexual function and quality of life in post-menopausal women. Journal of Mazandaran University of Medical Sciences. 2016;26(143):90-8.
- 21Die Autor*innen verweisen auf Zhang CS, Yang AW, Zhang AL, May BH, Xue CC: Sham control methods used in ear-acupuncture/ear-acupressure randomized controlled trials: a systematic review. The Journal of Alternative and Complementary Medicine. 2014;20(3):147-61.