Nachlese zum Workshop „Sexuelle Belästigung / Übergriffe / Diskrimierung“ am 3. Juni

Sonnenuntergang in den Tropen

Wer „bestimmt“, ob es sich um eine sexuelle Belästigung / Diskriminierung handelt?

Grundsätzlich gilt: Ob etwas als (sexuelle) Belästigung erfahren wird und damit unerwünscht ist, entscheidet die davon betroffene Person. Die Intention der Person, die die Diskriminierung verursacht hat, ist dabei nicht von Bedeutung und Aussagen bzw. Rechtfertigungen, wie „war nicht so gemeint“, „ist so üblich“ oder „war nur ein Scherz“, gelten nicht als befreiend.

Generell gilt für Diskriminierungsfälle, dass den*die Verursacher*in eine höhere Beweislast trifft als die diskriminierte Person:1§ 20a BlBG

  • Wer sich durch eine Diskriminierung benachteiligt fühlt, muss diesen Umstand glaubhaft machen.
  • Die beschuldigte Person muss die Nicht-Diskriminierung beweisen.

Der Kunde ist König?

Eine wichtige Problemstellung in diesem Zusammenhang war die Frage, inwieweit der*die Gewerbetreibende „das Recht hat“, als Übergriff erlebte Handlungen oder Verbalisierungen zu stoppen oder – eventuell – sogar die Behandlung abzubrechen. Bedenken gab es dabei aus Sicht der Mitglieder, dass es sich bei unseren Branchen ja um Dienstleistungen handelt („der Kunde ist König“) und dass – insbesondere für jüngere Kolleg*innen – der wirtschaftliche Druck dafür sorgen könnte, dass man es mit den Grenzen eventuell nicht so genau nimmt, um einen Kunden, eine Kundin nicht zu verlieren.

Die Frage sei, so die Teilnehmer*innen, letztlich nicht, ob man als Gewerbetreibende*r das Recht (und als Dienstgeber*in in Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeiter*innen: die Pflicht) habe „Nein“ zu sagen, sondern wie man dieses „Nein“ so unproblematisch wie möglich (für beide Seiten, d.h. auch für den Kunden, die Kundin, die möglicherweise nicht in böser Absicht gehandelt hat) vermittelt.2Oder aber im schlimmsten Fall: Den*die Kund*in des Geschäfts / der Praxis verweisen, d.h. vom Hausrecht Gebrauch machen.
Auf das Hausrecht können sich alle natürlichen und juristischen Personen (unabhängig von der Staatsangehörigkeit) berufen, die Inhaber eines geschützten Raumes sind. Dieser Schutz umfasst Haus, Wohnung, Geschäftsraum, Betriebsräumlichkeiten, Ordination, Kanzlei, Kellerabteile, allenfalls auch PKW und LKW. Voraussetzung ist, dass ein überdachter Raum im technischen Sinn vorliegt.

Aufklärung hilft Missverständnisse vermeiden

Vor allem zwei Ansätze standen im Mittelpunkt der Überlegungen, wie Grenzüberschreitungen vermieden werden können bzw. wie man am besten mit ihnen umgeht, sollten sie sich leider doch ereignen:

Zum einen wurde von den Teilnehmer*innen herausgearbeitet, dass es wichtig ist, die notwendige Botschaft, das „Nein“, selbstsicher, klar und verständlich zu vermitteln. Und vor allem, dass es nicht nur das Recht von Grenzüberschreitung Betroffener ist, sondern notwendig und sinnvoll für die gesamte Branche.3An dieser Stelle wurde von Teilnehmer*innen auch der Wunsch nach Veranstaltungen zu dieser Thematik ausgedrückt.

Zum anderen wurde auf Basis eigener Erfahrungen basierend betont, dass eine detaillierte Aufklärung über den Ablauf der Behandlung und (gegebenenfalls) notwendige Vereinbarungen hilfreich sind, damit es klare Erwartungen (auf beiden Seiten) gibt und es zu keinen, zumindest zu keinen vermeidbaren Missverständnissen kommt.

Die Aufklärung sollte den für eine erfolgreiche Behandlung notwendigen Ablauf erläutern und darüber aufklären, welche persönlich empfundenen Bereiche eventuell – z.B. bei Piercing, Waxing oder Sugaring im Intimbereich – berührt werden (und auf welche Weise) oder über den nahen Körperkontakt bzw. vielleicht „ungewöhnliche“ Positionen z.B. bei bestimmten Massagebehandlungen. Und es sollte auch besprochen werden, wie mit diesen Situationen bestmöglich umgegangen werden kann.

Und analog dazu ist es im Betrieb wichtig, dass es Abläufe klar festgelegt sind und die Mitarbeiter*innen darüber Bescheid wissen, wie sie bei Grenzüberschreitungen vorzugehen haben – vor allem aber, dass sie die Sicherheit haben, dass sie in dieser Situation von ihrem Dienstgeber unterstützt und auch geschützt werden.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    § 20a BlBG
  • 2
    Oder aber im schlimmsten Fall: Den*die Kund*in des Geschäfts / der Praxis verweisen, d.h. vom Hausrecht Gebrauch machen.
    Auf das Hausrecht können sich alle natürlichen und juristischen Personen (unabhängig von der Staatsangehörigkeit) berufen, die Inhaber eines geschützten Raumes sind. Dieser Schutz umfasst Haus, Wohnung, Geschäftsraum, Betriebsräumlichkeiten, Ordination, Kanzlei, Kellerabteile, allenfalls auch PKW und LKW. Voraussetzung ist, dass ein überdachter Raum im technischen Sinn vorliegt.
  • 3
    An dieser Stelle wurde von Teilnehmer*innen auch der Wunsch nach Veranstaltungen zu dieser Thematik ausgedrückt.

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