Menard, Martha Brown: Immediate Effect of Therapeutic Massage on Pain Sensation and Unpleasantness

Schmerz

Die Studie „Immediate Effect of Therapeutic Massage on Pain Sensation and Unpleasantness: A Consecutive Case Series” von Martha Brown Menard wurde 2015 in Global Advances in Health and Medicine veröffentlicht.1Global Advances in Health and Medicine 2015, Volume 4, Issue 5, S. 56-60; http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059. Zugriff 27.12.2017.

Hintergrund

Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat, so Martha Brown Menard, sind häufig, belasten die Betroffenen und verursachen der US-Wirtschaft einen Milliardenschaden durch den daraus resultierenden Arbeitsausfall. Und obwohl Menschen, die an Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat leiden, einen großen Anteil der Klient*innen von Massagetherapeut*innen stellen, haben bislang nur wenige Studien die Wirkung therapeutischer Massage bei dieser Form von Schmerzen erforscht. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, die unmittelbare Wirkung von Massagebehandlungen auf dieses spezifische Schmerzempfinden und andere Unannehmlichkeiten in einem üblichen Setting zu messen. 

Setting und Durchführung

Die Behandlungen fanden in einer Einzelpraxis in Virginia, United States, statt, und die insgesamt 116 Studienteilnehmer*innen waren erstmalige Klient*innen, die über Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat als primäres Symptom klagten. 94 Personen waren Frauen und 22 waren Männer, alle im Alter zwischen 18 und 86 Jahren. Das Durchschnittsalter war 42 Jahre. 69 von ihnen berichteten über frühere Erfahrungen mit Massage.

Die Mehrzahl der Studienteilnehmer*innen litt an Beschwerden im unteren Rücken (n=53), Nacken und oberen Schulterbereich (n=27), gefolgt von Schmerzen in einer oder beiden Schultern (n=17). Durchschnittlich bestanden die Schmerzen weniger als drei Monate.

Die Massage Behandlungen dauerten jeweils 60 Minuten und waren auf die Kund*innen individuell angepasst. Die eingesetzten Methoden umfassten u.a. Schwedische (klassische) Massage, aber auch andere Techniken, wie z.B Gelenksmobilisationen und Biofeld.2„The massage treatment was individualized to each client; however, the duration of the massage was standardized to 60 minutes. The treating therapist had more than 20 years of clinical experience, a background in clinical psychology and pain management, and employed a variety of techniques from a menu that included Swedish massage, focused deep tissue work on specific muscles, myofascial release, positional release, passive and resisted joint mobilization, and biofield modalities. An individualized treatment was created based on the client’s preference and pain tolerance, the therapist’s clinical judgment, and client feedback during the session. An individualized treatment that blends multiple techniques is common among experienced therapists and is employed to maximize treatment effectiveness as part of a patient or client-centered care plan” (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.56). Zugriff 27.12.2017.

Die Autorin begründet ihr Setting damit, dass viele Studien zur Effektivität von Massagebehandlungen darunter leiden, dass hoch standardisierte, vorgegebene Massageabläufe nur wenig Ähnlichkeit mit Massagen haben, die von erfahrenen und gut ausgebildeten Therapeuten ausgeführt werden.3„To test efficacy using the controlled trial design, narrowly defined populations and highly standardized interventions are often used, and these are appropriate to answer the research question of whether an active intervention works better than an inactive intervention. However, controlled trials are often not generalizable, and highly standardized mas- sage protocols bear little resemblance to the way that massage therapy is defined and practiced day-to-day by knowledgeable and experienced therapists (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.57).

Ein zweiter Aspekt, den die Autorin als wesentlich für Ihre Untersuchung anführt ist der Umstand, dass – ihrer Meinung nach ist das dem gegenwärtigen Wirtschaftsklima geschuldet – aktuelle Studien zu Massage und Schmerz vor allem die Dauer der beobachteten positiven Auswirkungen im Blickfeld haben. Für die Betroffenen sind nicht nur die Langzeitwirkungen sondern auch die unmittelbaren Erleichterungen von Bedeutung.4„In the current economic climate, recent studies on massage and pain have emphasized the duration of observed benefits, such as Cherkin and colleagues‘ well- designed comparative effectiveness trial comparing 2 types of individualized massage for treating chronic low back pain, which assessed pain at baseline and then again at 10, 26, and 52 weeks.  Both longer-term and more immediate effects of therapeutic massage are of interest to consumers, who, with few exceptions, generally pay out of pocket for massage therapy services” (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.57; Zugriff 27.12.2017).

Gemessen wurden etwaige Veränderungen mit den Visual Analog Scales, getrennt für Pain Sensation und Pain Unpleasantment.5Die Visuelle Analogskala für Schmerz (VAS) wurde von Hayes und Patterson 1921 entwickelt (Hayes, M.H.S. and Patterson, D.G. (1921) Experimental development of the graphic rating method. Psychological Bulletin, 18, 98-99). Sie besteht aus einer geraden (horizontalen) Linie mit den Eckpunkten „kein Schmerz / no pain at all“ und „unerträglicher Schmerz / pain as bad as it could be“). Die ausfüllende Person wird dazu angehalten, das eigene Schmerzempfinden auf dieser Skala mit einem vertikalen Strich einzuzeichnen (Haefeli, M. und Elfering, A.:  European Spine Journal 2006 Jan; 15(Suppl 1): S17–S24; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3454549; Zugriff 27.12.2017).         
„The VAS is a widely used and well-accepted measure of pain. It is often used as a global measure of pain intensity, but can also be used to assess physical pain sensation and affective pain unpleasantness separately (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.58; Zugriff 27.12.2017).      
Eingesetzt wurden dabei zwei identische Skalen, eine mit der Beschriftung „Pain Sensation“ und eine mit der Bezeichnung „Pain Unpleasantness“. Jede der Skalen hatte eine Länge von 10 Zentimeter.
 Gerade diese Unterscheidung, so die Autorin, wurde von den von ihr angeführten Metaanalysen nicht berücksichtigt – sie unterscheiden nicht zwischen Schmerzempfindung (Pain Sensation) und der Affektiven Dimension des Schmerzes6„All of the 8 studies included in that meta-analysis measured pain with a global VAS that did not differentiate between pain sensation and unpleasantness and may have failed to capture the affective dimension of pain” (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.58; Zugriff 27.12.2017)., was von Bedeutung ist, wenn man die Rolle von Angst in der Schmerzwahrnehmung mitberücksichtigt – und dass Angstreduktion eine der wichtigsten Effekte ist, die Massagebehandlungen über viele Studien hinweg zugestanden werden.7„The role of anxiety in negatively influencing the percep tion of pain has been well documented and reduction of anxiety is one of the most consistent effects attributed to massage therapy across multiple studies (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.58; Zugriff 27.12.2017).

Ergebnisse und Diskussion

Sowohl die Schmerzen als auch die verbundenen Unannehmlichkeiten verringerten sich signifikant schon mit einer einzigen therapeutischen Massagebehandlung.

Gerade die Verringerung der Unannehmlichkeiten, die mit dem Schmerz einhergehen, findet zunehmend mehr Eingang in das Schmerzmanagement, das lange Zeit vor allem die völlige Beseitigung des Schmerzes als Ziel definierte – auch auf dem Hintergrund einer nahezu epidemischen Zunahme von chronischen Schmerzen.: „Given the current epidemic of chronic pain in the United States, massage therapy may be an especially useful tool in integrative pain management approaches for its ability to reduce both pain sensation and unpleasantness, which could improve functional outcomes while also reducing affective suffering”.8http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.59. Zugriff 27.12.2017).

Wichtig in der Interpretation der Ergebnisse und damit der Wirkung von Massage ist der Autorin das Verständnis einer Massagebehandlung: „Massage therapy, as defined by its practitioners, is a complex intervention that employs multiple modalities, incorporates therapeutic relationship and patient education as an essential aspect of the therapy, and is grounded in the biopsychosocial model, wherein clients are viewed as active participants in their own care rather than passive recipients”.9Ebd. S. 59.
Grenzen der Interpretation der Ergebnisse ergeben sich, so die Autorin, beispielsweise aus der Tatsache, dass es keine Kontrollgruppe gibt. Auch lässt sich nicht ausschließen, dass die Erfahrung der Behandlerin und individuelle „interpersonal and communication skills“ die Ergebnisse beeinflusst haben. Möglicherweise hätte ein*e weniger erfahrene*r Behandler*in mit einem begrenzteren Repertoire an therapeutischen Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht die gleichen Ergebnisse erzielt – Begrenzungen, die (so die Autorin) in künftigen Studien mitberücksichtigt werden sollten (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.60; Zugriff 27.12.2017).
 Sie verweist auf eine mögliche Erklärung der Massagewirkungen beispielsweise auf die Studien von Rapaport (siehe http://www.gruene-masseurinnen.at/index.php/info-pool/studien/177-mark-h-rapaport-effects-of-a-single-session-of-swedish-massage-on-hypothalamic-pituitary-adrenal-and-immune-function und http://www.gruene-masseurinnen.at/index.php/info-pool/studien/179-rapaport-mark-effects-of-repeated-massage-on-hypothalamic-pituitary-adrenal-and-immune-function).

Therapeutische Massagebehandlungen, so die Autorin in ihrer Schlussfolgerung, zeigt sich in diesen Fallserien als eine effektive Behandlung bei den „üblichen“ Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat und beeinflusst sowohl die physische als auch die affektive Dimension der Schmerzerfahrung.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Global Advances in Health and Medicine 2015, Volume 4, Issue 5, S. 56-60; http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059. Zugriff 27.12.2017.
  • 2
    „The massage treatment was individualized to each client; however, the duration of the massage was standardized to 60 minutes. The treating therapist had more than 20 years of clinical experience, a background in clinical psychology and pain management, and employed a variety of techniques from a menu that included Swedish massage, focused deep tissue work on specific muscles, myofascial release, positional release, passive and resisted joint mobilization, and biofield modalities. An individualized treatment was created based on the client’s preference and pain tolerance, the therapist’s clinical judgment, and client feedback during the session. An individualized treatment that blends multiple techniques is common among experienced therapists and is employed to maximize treatment effectiveness as part of a patient or client-centered care plan” (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.56). Zugriff 27.12.2017.
  • 3
    „To test efficacy using the controlled trial design, narrowly defined populations and highly standardized interventions are often used, and these are appropriate to answer the research question of whether an active intervention works better than an inactive intervention. However, controlled trials are often not generalizable, and highly standardized mas- sage protocols bear little resemblance to the way that massage therapy is defined and practiced day-to-day by knowledgeable and experienced therapists (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.57).
  • 4
    „In the current economic climate, recent studies on massage and pain have emphasized the duration of observed benefits, such as Cherkin and colleagues‘ well- designed comparative effectiveness trial comparing 2 types of individualized massage for treating chronic low back pain, which assessed pain at baseline and then again at 10, 26, and 52 weeks.  Both longer-term and more immediate effects of therapeutic massage are of interest to consumers, who, with few exceptions, generally pay out of pocket for massage therapy services” (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.57; Zugriff 27.12.2017).
  • 5
    Die Visuelle Analogskala für Schmerz (VAS) wurde von Hayes und Patterson 1921 entwickelt (Hayes, M.H.S. and Patterson, D.G. (1921) Experimental development of the graphic rating method. Psychological Bulletin, 18, 98-99). Sie besteht aus einer geraden (horizontalen) Linie mit den Eckpunkten „kein Schmerz / no pain at all“ und „unerträglicher Schmerz / pain as bad as it could be“). Die ausfüllende Person wird dazu angehalten, das eigene Schmerzempfinden auf dieser Skala mit einem vertikalen Strich einzuzeichnen (Haefeli, M. und Elfering, A.:  European Spine Journal 2006 Jan; 15(Suppl 1): S17–S24; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3454549; Zugriff 27.12.2017).         
    „The VAS is a widely used and well-accepted measure of pain. It is often used as a global measure of pain intensity, but can also be used to assess physical pain sensation and affective pain unpleasantness separately (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.58; Zugriff 27.12.2017).      
    Eingesetzt wurden dabei zwei identische Skalen, eine mit der Beschriftung „Pain Sensation“ und eine mit der Bezeichnung „Pain Unpleasantness“. Jede der Skalen hatte eine Länge von 10 Zentimeter.
  • 6
    „All of the 8 studies included in that meta-analysis measured pain with a global VAS that did not differentiate between pain sensation and unpleasantness and may have failed to capture the affective dimension of pain” (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.58; Zugriff 27.12.2017).
  • 7
    „The role of anxiety in negatively influencing the percep tion of pain has been well documented and reduction of anxiety is one of the most consistent effects attributed to massage therapy across multiple studies (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.58; Zugriff 27.12.2017).
  • 8
  • 9
    Ebd. S. 59.
    Grenzen der Interpretation der Ergebnisse ergeben sich, so die Autorin, beispielsweise aus der Tatsache, dass es keine Kontrollgruppe gibt. Auch lässt sich nicht ausschließen, dass die Erfahrung der Behandlerin und individuelle „interpersonal and communication skills“ die Ergebnisse beeinflusst haben. Möglicherweise hätte ein*e weniger erfahrene*r Behandler*in mit einem begrenzteren Repertoire an therapeutischen Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht die gleichen Ergebnisse erzielt – Begrenzungen, die (so die Autorin) in künftigen Studien mitberücksichtigt werden sollten (http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.7453/gahmj.2015.059, S.60; Zugriff 27.12.2017).