Long, Andrew F. & Mackay, Hannah C.: The Effects of Shiatsu: Findings from a Two-Country Exploratory Study
Negative Wirkungen
Nur ein Klient beschrieb eine definitiv negative, körperliche Reaktion auf eine Behandlung. Er konnte drei Tage lang nicht laufen und fühlte sich krank. Bei der Befragung über negative Wirkungen neigten die meisten dazu, über Bereiche zu sprechen, wo ihnen Shiatsu nicht so geholfen hatte, wie sie es sich erhofft hatten. Zwei Klient*innen beschrieben emotionale Wirkungen von Shiatsu, die sich in negativen Reaktionen auf Familienmitglieder gezeigt hatten, und einer erwähnte die Möglichkeit, dass Shiatsu schädlich sein könnte.
Die Hälfte der vierzehn Shiatsu-Praktiker*innen wiesen darauf hin, dass sie „keine negativen Wirkungen“ von Shiatsu erkennen konnten, „die Wirkungen nicht als negativ sehen würden“, oder dass das, was als negative Auswirkung erlebt wurde, lediglich eine „negative Reaktion.“ sei. Diejenigen, die negative Wirkungen erlebten, sprachen von „Kopfschmerzen“, „Muskelschmerzen“, „sich bewusster sein über ihre Gefühle“, „sich sehr müde fühlen danach“ oder mehr allgemein: „dass sie sich für eine Zeitlang nicht wohl fühlten“.
Einige Shiatsu-Praktiker*innen erklärten, dass negative Auswirkungen eigentlich nicht vorkämen, wenn man aus dem Hara arbeite oder „wenn man in Kontakt mit der Person bleibe“ und als erfahrene Shiatsu-PraktikerIn wisse man, wieviel Druck man ausüben dürfe und wie lang, um z.B. spätere Muskelschmerzen zu vermeiden. Mit mangelnder Erfahrung könnten negative Auswirkungen eintreten, wenn der*die Praktiker*in nicht das Hara respektiere oder die Person ohne Unterstützung lasse, nachdem sie bestimmte Gefühle angeregt habe. Negative Wirkungen könnten ebenfalls entstehen, wenn der*die Praktiker*in an ihren eigenen Vorstellungen festhält, wie der*die Klient*in sich ändern solle. Andere Beispiele über negative Wirkungen waren: wenn der*die Praktiker*in einen Fehler macht („zu hart arbeitet“), die Technik „nicht so gut ist“, wenn der Fokus nur auf der physischen Seite liegt, wenn sie zu müde ist oder die Dinge im Ungleichgewicht belässt.
Die Beziehungsebene Klient*in / Shiatsu-Praktiker*in
Beide, sowohl Klient*in als auch Shiatsu-Praktiker*in, machten auf die Wichtigkeit ihrer Beziehung zueinander aufmerksam. Die Klient*innen erlebten sie als eine Zusammenarbeit mit der Shiatsu-PraktikerIn. Die Klient*innen waren aktive Teilnehmer*innen an der Sitzung, erwähnten bestimmte Bereiche die behandelt oder vermieden werden sollten und gaben sich dann dem*der Praktiker*in in die Hände. Einige Klient*innen erwähnten auch den Umstand als angenehm, dass ihnen die Klient*innen-Rolle eine gewisse Wichtigkeit verleihe, „dass jemand etwas für sie tun würde“ und dass sie einmal nicht für andere da sein müssten. Die Klient*innen beschrieben ihre Behandler*innen auf verschiedene positive Weise, und zwar: Aufbau einer Kommunikationsebene mit dem*der Praktiker*n, sie sei professionell, gut ausgebildet, wisse viel und sei erfahren, sie erforsche und erfasse die Probleme, die der*die Klient*in zur Behandlung veranlasst haben gut. Sie betonten den Fokus des*der Behandler*n auf den*die Klient*in, die Bereitschaft zur Unterstützung, die Fürsorglichkeit dem*der Klient*in gegenüber und die taktile Beziehung zum*zur Praktiker*in.
Die Praktiker*innen sprachen über die energetische und konventionelle therapeutische Beziehung zum*zur Klient*in. Die energetische Beziehung umfasste den körperlichen Kontakt und die Energiebewegungen und wie diese gezielter wurde, je mehr der*die Praktiker*in an Erfahrungen sammelte. Die konventionelle Behandlungs-Beziehung beinhaltete einen stillschweigenden Vertrag zwischen Klient*innen und Praktiker*innen (mitteilen ihrer Erwartungen, Zustimmung zu Zielen, etc.); das Bedürfnis nach einer qualitativ guten Beziehung (den*die Klient*in sprechen zu lassen, zuzuhören, dem*der Klient*in Wohlbefinden zu vermitteln etc.); die Erlaubnis zu Nähe; Rückmeldung und Rat zu geben und die Anregung an den*die Klient*in, sich einzubringen, damit die Behandlung erfolgreich sein kann.
Die Ansichten der Praktiker*innen über den Erfolg
Einige Praktiker*innen hatten eine klare Vorstellung über den Erfolg als ein Ziel, aber nicht notwendigerweise als etwas, was man erzwingen könne. Andere hatten keine Erwartungen und wollten mit dem arbeiten „was da ist“.
Ein*e Praktiker*in wollte das Problem des*der Klient*in „lösen“, für eine*n andere war jede Sitzung auf ihre Weise erfolgreich und wieder ein*e andere*r sagte, dass ein langfristiges Ziel wichtig sei. Mögliche Maßstäbe des Erfolges variierten von einem „Danke-Schön“, dem Wiedererscheinen des*der Klient*in und Veränderungen im Hara der Person oder in ihrer Energie. Erfolg bezog sich auf das Verhältnis zwischen Praktiker*in und Klient*in, im Besonderen auf den*die Klient*in als aktive*n Teilnehmer*in oder auf die Zusammenarbeit mit ihm*ihr.
- Die Umstände, die den Erfolg ermöglichten, wurden in Hauptbereiche geteilt:
- innere Haltung (ob der*die Klient*in bereit war sich zu verändern, den Willen hatte, es zu versuchen oder es versprach),
- körperlich-geistige Bereitschaft (sich vorwärts zu bewegen, Entspannung oder Berührung zuzulassen, eine „freiere Energie“ zu haben),
- offen sein, realistische Erwartungen haben, sich einbringen (Verantwortung übernehmen, ein*e aktive* Teilnehmer*in sein),
- die Möglichkeit, ausreichend viele Shiatsu-Behandlungen zu erhalten,
- vorhergehende Erfahrungen mit komplementärer und alternativer Medizin,
- ein*e Klient*in, die längere Zeit bleibt, die viele Wochen kommt, oder sogar über Jahre.
Vier Umstände wurden von den Praktiker*innen genannt, die die möglichen segensreichen Wirkungen von Shiatsu verringern:
die Einstellung des*der Klient*n (von einer „mach mich gesund“-Haltung über die fehlende Bereitschaft Dinge gehen zu lassen, bis zu der Haltung sich auf den anderen nicht einlassen zu wollen),
- der*die Klient*in, der*die sich seines*ihres Körpers nicht bewusst ist, oder wie sein*ihr Körper bei Anspannung reagiert,
- der*die Klient*in, der*die keinen Rat annimmt,
- die Einstellung mit der er*sie zum Shiatsu kommt (widerstrebend oder unfähig, sich auf Shiatsu einzulassen).
Die Vorstellungen der Klient*innen über Shiatsu
Eine Reihe von Vorstellungen über Shiatsu, so wie die Klient*innen es sehen könnten und die Rolle, die es in ihrem Leben spielen könnte, wurde während der Interviews vorgeschlagen. Dies eröffnete einen größeren Einblick, warum Klient*innen Shiatsu-Behandlungen nahmen und auch weiterhin nehmen wollten. Diese beinhalteten:
- Shiatsu als einen Ort zu sehen, Probleme anzupacken (effektive Behandlung, Zentrum der Gesundheitsvorsorge, Möglichkeit zur Ruhe zu gelangen, an das Individuum angepasste Behandlung);
- Shiatsu als ein Platz für mich in meinem Leben und Kulturkreis (etwas für mich tun, ein Platz zum Entspannen, die Balance bewahren zu können, ein Ausgleich zu anderen Bereichen meines Lebens haben, einen Bereich haben um alternativ zu leben);
- Ganzheitlichkeit und theoretischer Überbau von Shiatsu;
- die Beziehung von Shiatsu zum Wissen und rationalem Denken und Shiatsu als wesentlicher Bestandteil ihres Lebens.
Die Praktiker*innen hatten eigene Vorstellungen darüber, was Klient*innen von Shiatsu-Behandlungen erwarteten. Sie äußerten sich dazu folgendermaßen:
- alternative Wege zur Betrachtung des Lebens zu öffnen, andere Muster und Möglichkeiten zu erfahren und die Wiederentdeckung des und (Wieder)Verbindung mit dem Körper;
- die Unterstützung der Selbstheilung und die Möglichkeit, seine Welt zu ändern.
Die Shiatsu-Praktiker*innen äußerten auch eine Reihe von Vorstellungen, was Shiatsu für sie selbst bedeutete. Zumindest teilweise bezog sich das auf die Art ihrer Arbeit, das heißt wie sie Shiatsu praktizieren. Für alle stand im Mittelpunkt, dass Shiatsu einen in Kontakt mit dem Körper brächte „ mit den Händen den ganzen Körper berühren“ und „in Kontakt mit dem Körper sein“. Es war ein System, das sie anwenden und interpretieren konnten, eine Möglichkeit eine Auszeit zu nehmen und eine Gelegenheit zur Geist-Körper Verbindung zu finden. Für Dauer-Kund*nnen führten die Behandlungen dazu, dass sich dann auch „der Körper daran erinnerte“.