Kunststoffe in Kosmetika. Umweltrelevanz und potenzielle Gesundheitsrisiken
Die Verwendung von Kunststoffen in Kosmetikprodukten wird zunehmend kritisch betrachtet, insbesondere im Hinblick auf die Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Laut einer Studie des Naturschutzbundes Deutschland (2018) gelangten jährlich rund 922 Tonnen festes Mikroplastik1Die EU-Kommission definiert Mikroplastik als „synthetische Polymerpartikel mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern, die organisch, unlöslich und nicht abbaubar“ sind. aus Kosmetikartikeln ins Abwasser, zusätzlich etwa 23.700 Tonnen flüssiger Kunststoffe.2Mikroplastik ist in zahlreichen Produkten enthalten, darunter in Make-up, Kosmetika, Reinigungsmitteln, Glitzer, Pflanzenschutzmitteln, Dünger, Spielzeug, Arzneimitteln, und im Granulat für künstliche Sportbeläge. Die Mikroplastik-Teilchen wirken zum Beispiel als Schleifpartikel in Zahnpasta oder Peelings oder beeinflussen als Bindemittel die Konsistenz von Flüssigkeiten. Unter flüssigem Mikroplastik (Flüssigplastik) versteht man Kunststoffe, die in gelöster, gelartiger oder flüssiger Form vorliegen.
Mikroplastik gelangt über Abwässer in Ökosysteme. Und obwohl ein Großteil in Kläranlagen gebunden wird, bleibt dennoch ein relevanter Anteil unkontrolliert in der Umwelt zurück. Aus diesem Grund trat am 15. Oktober 2023 ein Verbot der EU-Kommission in Kraft, das bewusst zugesetztes Mikroplastik in Produkten, wie losen Glitter in Kosmetika, untersagt.3Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hatte ein solches Verbot empfohlen, weil Mikroplastik aus bestimmten Produkten unkontrolliert in die Umwelt gelangt. Für 2023 wurde geschätzt, dass jährlich ca. 42.000 Tonnen Mikroplastik, das absichtlich Produkten zugesetzt wird, in der EU freigesetzt wird.
Obwohl viele Hersteller inzwischen auf festes Mikroplastik verzichten, bleibt die Verwendung flüssiger oder gelartiger Polymere dennoch weit verbreitet. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass diese Kunststoffe nicht nur schwer abbaubar sind, sondern auch potenzielle Risiken für die Gesundheit und die Umwelt darstellen.4Da viele Bereiche bislang noch nicht erforscht sind, plädieren Umweltschützer für das Vorsorgeprinzip, d.h. Maßnahmen zu ergreifen bevor Schäden eintreten.
Klassifikation und Funktion von Kunststoffen in Kosmetika
Flüssige und gelartige Polymere, wie Silikone, fallen nicht in die Mikroplastikdefinition, die ausschließlich feste Kunststoffpartikel umfasst. Silikone (z. B. Dimethiconol, Methicone) werden aufgrund ihrer physikochemischen Eigenschaften wie Okklusivität und Gleitfähigkeit in Produkten wie Cremes, Gels und Shampoos eingesetzt. Neben ihrer hohen Prozessierbarkeit und Kostenersparnis für Hersteller zeichnen sie sich jedoch durch eine sehr geringe Umweltabbaubarkeit aus.
Substitution von Silikonen: Ein zweischneidiges Schwert
Einige Hersteller deklarieren ihre Produkte als „silikonfrei“, ersetzen diese jedoch durch Polymere wie Polyquaternium. Diese Polyquats sind kationische Polymere mit haftenden Eigenschaften, die jedoch als ökotoxisch für aquatische Organismen klassifiziert werden. Zudem weisen sie, wie Silikone, eine geringe bis keine biologische Abbaubarkeit auf und stellen somit keine nachhaltige Alternative dar.
Acrylate und verwandte Polymere: Eigenschaften und potenzielle Risiken
Acrylat-basierte Polymere wie Acrylate Copolymer (AC) oder Acrylate Crosspolymer (ACS) fungieren in kosmetischen Produkten als Verdickungs-, Stabilisations- und Trübungsmittel. Vernetzte Polyacrylate können Spuren von Monomeren wie Acrylamid enthalten, das unter Verdacht steht, genotoxisch und krebserregend zu sein. Diese chemischen Substanzen sind ebenfalls nicht biologisch abbaubar und erhöhen die Persistenz von Schadstoffen in der Umwelt.
Systemische Effekte von Kunststoffen: Aktuelle Forschungsergebnisse
Mikroplastikpartikel können über Umweltmedien wie Wasser und Nahrungsketten in den menschlichen Organismus gelangen. Dr. Karsten Grote (Philipps-Universität Marburg) hat experimentell nachgewiesen, dass Kunststoffpartikel bei intravenöser Verabreichung in Tiermodellen (Maus) akute Entzündungsprozesse in der Leber auslösen. Weiterhin zeigten die Untersuchungen, dass Kunststoffpartikel im Blut die Endothelfunktion beeinträchtigen und proinflammatorische Reaktionen der Gefäßwände begünstigen (siehe Mikroplastik führt zu Gefäßentzündung). Solche Mechanismen könnten bei Menschen das Risiko für inflammationsassoziierte Erkrankungen wie Atherosklerose, Diabetes mellitus Typ 2 oder maligne Neoplasien erhöhen.
Kunststoffanteile in kosmetischen Produkten identifizieren
Für Fachpersonal ist die Differenzierung zwischen synthetischen Polymeren und nachhaltigen Inhaltsstoffen essenziell. Die chemischen Nomenklaturen geben Aufschluss über die Präsenz von Kunststoffen. Häufig genutzte Verbindungen umfassen:
- Acrylate Copolymer (AC), Acrylate Crosspolymer (ACS)
- Polyquaternium (PQ), Polyethylene (PE), Polypropylene (PP)
- Silikonverbindungen wie Dimethiconol, Methicone
- Polyurethane (PUR), Polystyrene (PS)
Fazit und Implikationen für die Praxis
Das Wissen um die Persistenz und potenziellen Risiken synthetischer Polymere ist entscheidend für eine informierte Produktwahl in kosmetischen Fachinstituten. Angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse empfiehlt es sich, auf Alternativen mit verbesserter Umweltverträglichkeit zu setzen und die Kundschaft proaktiv über die möglichen Auswirkungen synthetischer Inhaltsstoffe aufzuklären.
Dieses Fachwissen unterstützt die Entwicklung nachhaltiger Behandlungsansätze und erhöht die Glaubwürdigkeit von Instituten, die ökologische Verantwortung mit professioneller Expertise verbinden möchten.
An diesen Bezeichnungen unter Ingredients (Inhaltsstoffe) am Etikett erkennt man Plastik:
- Acrylate Copolymer (AC)
- Acrylate Crosspolymer (ACS)
- Dimethiconol
- Methicone
- Polyamide (PA, Nylon)
- Polyacrylate (PA)
- Polymethylmetacrylate (PMMA)
- Polyquaternium (PQ)
- Polyethylene (PE)
- Polyethyleneglycol (PEG)
- Polyethyleneterephtalate (PET)
- Polypropylene (PP)
- Polypropyleneglycol (PPG)
- Polystyrene (PS)
- Polyurethane (PUR)
- Siloxane
Anmerkungen/Fußnoten
- 1Die EU-Kommission definiert Mikroplastik als „synthetische Polymerpartikel mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern, die organisch, unlöslich und nicht abbaubar“ sind.
- 2Mikroplastik ist in zahlreichen Produkten enthalten, darunter in Make-up, Kosmetika, Reinigungsmitteln, Glitzer, Pflanzenschutzmitteln, Dünger, Spielzeug, Arzneimitteln, und im Granulat für künstliche Sportbeläge. Die Mikroplastik-Teilchen wirken zum Beispiel als Schleifpartikel in Zahnpasta oder Peelings oder beeinflussen als Bindemittel die Konsistenz von Flüssigkeiten. Unter flüssigem Mikroplastik (Flüssigplastik) versteht man Kunststoffe, die in gelöster, gelartiger oder flüssiger Form vorliegen.
Mikroplastik gelangt über Abwässer in Ökosysteme. Und obwohl ein Großteil in Kläranlagen gebunden wird, bleibt dennoch ein relevanter Anteil unkontrolliert in der Umwelt zurück. - 3Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hatte ein solches Verbot empfohlen, weil Mikroplastik aus bestimmten Produkten unkontrolliert in die Umwelt gelangt. Für 2023 wurde geschätzt, dass jährlich ca. 42.000 Tonnen Mikroplastik, das absichtlich Produkten zugesetzt wird, in der EU freigesetzt wird.
- 4Da viele Bereiche bislang noch nicht erforscht sind, plädieren Umweltschützer für das Vorsorgeprinzip, d.h. Maßnahmen zu ergreifen bevor Schäden eintreten.