Kobayashi, Daiki et al.: Shiatsu for chronic lower back pain

Wellness-Behandlung

Ergebnisse

In die Analyse der Ergebnisse der vierten Woche („unmittelbare Wirkungen“) konnten 27 Patient*innen der Shiatsu-Behandlungsgruppe (90 %) einbezogen werden und 24 Patient*innen der Standard-Gruppe (83 %). Dabei zeigten sich in Bezug auf die Schwere der Rückenschmerzen und die damit verbundenen Einschränkungen (Behinderungen) zwischen den beiden Gruppen kaum Unterschiede, wohl aber kam es zu einer statistisch nicht signifikanten aber dennoch deutlichen Verbesserung der EQ-5D-Werte, die eine bessere Lebensqualität anzeigen, in der Shiatsu-Behandlungsgruppe.

In die Analyse der Ergebnisse der achten Woche („längerfristige Wirkungen“) konnten 26 Patient*innen der Shiatsu-Behandlungsgruppe (87 %) einbezogen werden und 24 PatientInnen der Standard-Gruppe (83 %). Zwar zeigten sich zu diesem Zeitpunkt größere Verbesserungen im RMDQ in der Shiatsu-Behandlungsgruppe, doch waren die Ergebnisse statistisch nicht signifkant (p=0,08). Statisch signifikant größer hingegen waren Verbesseungen in SF-MPQ (p=0,05), ODI (p=0,01) und EQ-5D (p=0,01) in der Shiatsu-Behandlungsgruppe gegenüber der Standard-Behandlungsgruppe.

  • Nebenwirkungen berichteten vier Patient*innen der Shiatsu-Behandlungsgruppe13 Teilnehmer*innen berichteten über Muskelschmerzen, 1 Teilnehmer*in über Kopfschmerzen. und drei Patient*innen der Standard-Behandlungsgruppe.2Eine Teilnehmer*in berichtete über Schwindel, eine über Bauchschmerzen und eine über Herpes zoster (Gürtelrose).

Diskussion der Ergebnisse

Die Verbesserungen in der Shiatsu-Behandlungsgruppe (signifikant3P=0,01. der ODI und der EQ-5D und nicht-signifikant RMDQ und SF-MPQ in der achten Woche sowie nicht-signifikant der EQ-5D in der vierten Woche) werden, so die Autor*innen der Studie, als klinisch bedeutsam erachtet.

  • So werden Verbesserungen von 1 bis 2 Punkten bei Patient*innen mit geringfügigen beschwerdebedingten Einschränkungen im RMDQ als klinisch relevant betrachtet4P.W. Stratford, J.M. Binkley, D.L. Riddle, G.H. Guyatt: Sensitivity to change of the Roland-Morris Back Pain Questionnaire: Part 1. Phys Ther, 78 (1998), pp. 1186-1196. – und bei den Patient*innen in der Shiatsu-Behandlungsgruppe wurde bis zur achten Woche eine durchschnittliche Verbesserung von 2,2 Punkten (gegenüber dem Ausgangswert) erhoben.5Zudem waren die Werte in der achten Woche im Vergleich zur Standard-Behandlungsgruppe um 2,6 Punkte geringer.
  • In Hinblick auf den QOL wird die minimal wichtige Veränderung bei chronischen Rückenbeschwerden auf 0,096 geschätzt.6K. Tsiplova, E. Pullenayegum, T. Cooke, F. Xie: EQ-5D-derived health utilities and minimally important differences for chronic health conditions: 2011 Commonwealth Fund Survey of Sicker Adults in Canada. Qual Life Res, 25 (2016), pp. 3009-3016. Und (auch) hier zeigte sich die klinisch relevante Verbesseung in der achten Woche mit einer Verbesserung um 0,096.7Dieser Wert liegt zugleich um 0,077 höher als der QOL-Wert der Standard-Behandlungsgruppe.

Anders als bei anderen alternativen (die Standardtherapie ergänzenden) Behandlungstechniken zeigen die Shiatsu-Behandlungen in der vorliegenden Studie deutlichere kurzfristige und weniger unmittelbare Auswirkungen auf die Beschwerden. Dazu führen die Autor*innen aus, dass systematische Übersichtsarbeiten der Wirbelsäulenmanipulation bei chronischen Rückenschmerzen (2011) zeigen, dass es keinen klinisch relevanten Unterschied zwischen Wirbelsäulenmanipulation und anderen Eingriffen gibt. Hier zeigen sich unmittelbar nach der Wirbelsäulenmanipulation Verbesserungen, die aber bald nachlassen.8S.M. Rubinstein, M. van Middelkoop, W.J. Assendelft, M.R. de Boer, M.W. van Tulder: Spinal manipulative therapy for chronic low-back pain. Cochrane Database Syst Rev (2011), Article CD008112.
T. Gibson, R. Grahame, J. Harkness, P. Woo, P. Blagrave, R. Hills: Controlled comparison of short-wave diathermy treatment with osteopathic treatment in non-specific low back pain. Lancet, 1 (1985), pp. 1258-1261.
 Ähnliches gilt auch für Massage und Akupunktur, die eine kurzfristige Verbesserung der Symptome bei chronischen Rückenschmerzen nahelegen9A.D. Furlan, M. Giraldo, A. Baskwill, E. Irvin, M. Imamura: Massage for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev (2015), Article CD001929.
M. Lam, R. Galvin, P. Curry: Effectiveness of acupuncture for nonspecific chronic low back pain: A systematic review and meta-analysis. Spine (Phila Pa 1986), 1976 (38) (2013), pp. 2124-2138.
, aber auch hier zeigt sich eine unmittelbare Verbesserung deutlicher als die kurzfristige Wirksamkeit.10M.S. Ajimsha, B. Daniel, S. Chithra: Effectiveness of myofascial release in the management of chronic low back pain in nursing professionals. J Bodyw Mov Ther, 18 (2014), pp. 273-281.
J. Zaringhalam, H. Manaheji, A. Rastqar, M. Zaringhalam: Reduction of chronic non-specific low back pain: A randomised controlled clinical trial on acupuncture and baclofen. Chin Med, 5 (2010), p. 15.
A.F. Molsberger, J. Mau, D.B. Pawelec, J. Winkler: Does acupuncture improve the orthopedic management of chronic low back pain–a randomized, blinded, controlled trial with 3 months follow up. Pain, 99 (2002), pp. 579-587.

Neben der Linderung der Beschwerden verbesserte die Shiatsu-Behandlung auch den QOL- (Quality of Life-) Wert sowohl unmittelbar nach der Behandlung als auch kurzfristig um etwa 0,1 – eine deutliche Verbesserung, wenn man in Betracht zieht, dass eine Behandlung mit nicht-steroidalen entzündungshemmenden Medikamenten (ebenfalls bei Schmerzen im unteren Rücken) auch nur eine Verbesserung von 0,1 bis 0,2 mit sich brachte11J.H. Yang, K.S. Suk, B.H. Lee, et al.: Efficacy and safety of different aceclofenac treatments for chronic lower back pain: Prospective, randomized, single center, open-label clinical trials. Yonsei Med J, 58 (2017), pp. 637-643., bei Massage um 0,0539 und bei Akupunktur um 0,2.12K.J. Thomas, H. MacPherson, J. Ratcliffe, et al.: Longer term clinical and economic benefits of offering acupuncture care to patients with chronic low back pain. Health Technol Assess, 9 (2005), pp. 1-109.

Die Gründe dafür, dass sich die Symptome als auch der QOL-Wert erst kurz nach den Behandlungen und nicht unmittelbar danach besserten (anders als bei den anderen alternativen Behandlungsmethoden), sind bislang unbekannt. Die Autor*innen gehen davon aus, dass nachfolgende Faktoren eine Rolle spielen könnten und positiv auf die chronischen Schmerzen auswirken:

  • dass Shiatsu darauf abzielt, Krankheiten vorzubeugen, und auf vorhandene Beschwerden indirekt einwirkt, indem die Selbstheilungskräfte des Körpers anregt und die allgemeine Gesundheit gefördert werden;
  • dass Shiatsu keine lokale Behandlung ist, die aus diesem Grund nur eine zeitlich begrenzte Wirkung hätte, sondern eine Behandlung des ganzen Körpers; und
  • dass auch die Kommunikation mit den Shiatsu-Praktiker*innen positive Auswirkungen haben könnte.13Generell dürften soziale Komponenten in der Wirksamkeit von CAM von Bedeutung sein, vgl.:
    K. Honda, J.S. Jacobson: Use of complementary and alternative medicine among United States adults: The influences of personality, coping strategies, and social support. Prev Med, 40 (2005), pp. 46-53.
    P. Thomson, J. Jones, M. Browne, S.J. Leslie: Psychosocial factors that predict why people use complementary and alternative medicine and continue with its use: A population based study. Complement Ther Clin Pract, 20 (2014), pp. 302-310.
     

Einschränkungen der Studie

  • Die Patient*innen, die an der Studie teilnahmen, waren (im Unterschied zu den auswertenden Personen) nicht verblindet, d.h. sie wussten sehr wohl, welcher Behandlungsgruppe sie angehörten und damit könnten in der Shiatsu-Behandlungsgruppe positive Placebo-Effekte aufgetreten sein, in der Vergleichsgruppe hingegen negative.
  • Auch die emotionale soziale Unterstützung („emotional social support“), die sich in den Shiatsu-Behandlungen ergibt, könnte sich auf die Ergebnisse ausgewirkt haben, so dass die vorliegenden Ergebnisse eher die Wirksamkeit der Shiatsu-Behandlungen generell als die Wirkung auf die Schmerzen im unteren Rücken widerspiegelt.
  • Möglicherweise sind die Ergebnisse auch davon beeinflusst, dass die Studie in Japan durchgeführt wurde und JapanerInnen von Shiatsu auch deshalb begeistert sein könnten, weil Shiatsu aus Japan stammt. Menschen in anderen Ländern könnten vielleicht eine andere Wirksamkeit erleben.
  • Schlussendlich könnte sich auch die gegenüber der ursprünglichen Planung begrenzte Anzahl von Teilnehmer*innen (Ablauf der Förderung, aber auch Abbruch einiger Teilnehmer*innen) auf die Validät der Ergebnisse auswirken.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    3 Teilnehmer*innen berichteten über Muskelschmerzen, 1 Teilnehmer*in über Kopfschmerzen.
  • 2
    Eine Teilnehmer*in berichtete über Schwindel, eine über Bauchschmerzen und eine über Herpes zoster (Gürtelrose).
  • 3
    P=0,01.
  • 4
    P.W. Stratford, J.M. Binkley, D.L. Riddle, G.H. Guyatt: Sensitivity to change of the Roland-Morris Back Pain Questionnaire: Part 1. Phys Ther, 78 (1998), pp. 1186-1196.
  • 5
    Zudem waren die Werte in der achten Woche im Vergleich zur Standard-Behandlungsgruppe um 2,6 Punkte geringer.
  • 6
    K. Tsiplova, E. Pullenayegum, T. Cooke, F. Xie: EQ-5D-derived health utilities and minimally important differences for chronic health conditions: 2011 Commonwealth Fund Survey of Sicker Adults in Canada. Qual Life Res, 25 (2016), pp. 3009-3016.
  • 7
    Dieser Wert liegt zugleich um 0,077 höher als der QOL-Wert der Standard-Behandlungsgruppe.
  • 8
    S.M. Rubinstein, M. van Middelkoop, W.J. Assendelft, M.R. de Boer, M.W. van Tulder: Spinal manipulative therapy for chronic low-back pain. Cochrane Database Syst Rev (2011), Article CD008112.
    T. Gibson, R. Grahame, J. Harkness, P. Woo, P. Blagrave, R. Hills: Controlled comparison of short-wave diathermy treatment with osteopathic treatment in non-specific low back pain. Lancet, 1 (1985), pp. 1258-1261.
  • 9
    A.D. Furlan, M. Giraldo, A. Baskwill, E. Irvin, M. Imamura: Massage for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev (2015), Article CD001929.
    M. Lam, R. Galvin, P. Curry: Effectiveness of acupuncture for nonspecific chronic low back pain: A systematic review and meta-analysis. Spine (Phila Pa 1986), 1976 (38) (2013), pp. 2124-2138.
  • 10
    M.S. Ajimsha, B. Daniel, S. Chithra: Effectiveness of myofascial release in the management of chronic low back pain in nursing professionals. J Bodyw Mov Ther, 18 (2014), pp. 273-281.
    J. Zaringhalam, H. Manaheji, A. Rastqar, M. Zaringhalam: Reduction of chronic non-specific low back pain: A randomised controlled clinical trial on acupuncture and baclofen. Chin Med, 5 (2010), p. 15.
    A.F. Molsberger, J. Mau, D.B. Pawelec, J. Winkler: Does acupuncture improve the orthopedic management of chronic low back pain–a randomized, blinded, controlled trial with 3 months follow up. Pain, 99 (2002), pp. 579-587.
  • 11
    J.H. Yang, K.S. Suk, B.H. Lee, et al.: Efficacy and safety of different aceclofenac treatments for chronic lower back pain: Prospective, randomized, single center, open-label clinical trials. Yonsei Med J, 58 (2017), pp. 637-643.
  • 12
    K.J. Thomas, H. MacPherson, J. Ratcliffe, et al.: Longer term clinical and economic benefits of offering acupuncture care to patients with chronic low back pain. Health Technol Assess, 9 (2005), pp. 1-109.
  • 13
    Generell dürften soziale Komponenten in der Wirksamkeit von CAM von Bedeutung sein, vgl.:
    K. Honda, J.S. Jacobson: Use of complementary and alternative medicine among United States adults: The influences of personality, coping strategies, and social support. Prev Med, 40 (2005), pp. 46-53.
    P. Thomson, J. Jones, M. Browne, S.J. Leslie: Psychosocial factors that predict why people use complementary and alternative medicine and continue with its use: A population based study. Complement Ther Clin Pract, 20 (2014), pp. 302-310.

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