Newsletter 6 der Grünen Masseur*innen

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Liebe/r

willkommen bei der 6. Ausgabe des Newsletters der Grünen Masseur*innen!
(14. Mai 2019)

Information, vor allem rasche und vollständige Information, ist uns wichtig, auf unserer Website ebenso wie hier im Newsletter. Dafür stehen wir.
Denn Information ist die Grundlage für effektives Handeln. Das gilt sowohl für uns als Vertreter*innen in der Innung, als auch für alle beruflich Tätigen.
Es ist deshalb unser Anliegen, Euch (die Leser*innen des Newsletter, die Besucher*innen der Website) über Entwicklungen und Hintergründe zu informieren. Und unmittelbar darüber zu informieren, welche Ziele und Zielsetzungen wir in bestimmten Themenbereichen verfolgen, was wir für unsere Berufsgruppe erreichen wollen. Wofür wir uns einsetzen.

Eure Anregungen und Kommentare, die Information über Eure Anliegen und Sichtweisen benötigen wir dafür. Feedback, Diskussion und (sachliche) Kritik sind uns deshalb sehr willkommen. Im Blog auf der Website freuen wir uns auf Kommentare  … oder einfach ein Mail an eduard.tripp@gmail.com schicken.

Darüber hinaus nutzen wir den Newsletter, um komplexe Themen in ihrem größeren Zusammenhang darzustellen (aktuell der Umgang mit dem Paragraph 19, individuelle Befähigung) und damit – das wäre unser Wunsch – Diskussion und Nachdenken, hoffentlich sogar aktives Handeln anzuregen.

Die bisher schon erschienen Newsletter könnten im Newsletter-Archiv nachgelesen werden:

~ Gütesiegel „staatlich geprüft“

Gewerbetreibende sollen, geht es nach den Wünschen von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, künftig das Gütesiegel „staatlich geprüft“ führen dürfen – so wie Akademiker nach Abschluss ihres Studiums.
    
Am 8. April berichtete der Kurier unter dem Untertitel „Tätowierer, Bestatter oder Masseure erhalten Prädikat weil auch Akademiker den ‚Dr.‘ stolz tragen“ über Pläne der Wirtschaftsministerin, dass Gewerbetreibende, die die Befähigungsprüfung abgelegt haben, ein Gütesiegel mit der Bezeichnung „staatlich geprüft“ erhalten und offiziell führen dürfen, um die erworbene Qualifikation „adäquat“ nach außen tragen zu können. Der Entwurf des Gütesiegels und weitere Details finden sich im Kurier-Artikel.  

Zu beachten ist dabei, dass dieses Gütesiegel an die Befähigungsprüfung, nicht an die Ausbildung gebunden ist. Nicht führen können dieses Gütesiegel, so es in Umsetzung kommt, von Gewerbetreibenden mit „individuellen“ Gewerbescheinen und auch von MasseurInnen, die ihren Gewerbeschein mit einem ganzheitlich in sich geschlossenen System (Shiatsu, Tuina, Ayurveda, Tibetische Massage) abgeschlossen haben.

Durch den Rost allerdings fallen auch die „Piercer und Tätowierer der ersten Stunde“, die ihren Gewerbeschein noch nicht durch eine Befähigungsprüfung erhalten haben – unabhängig von ihrer Ausbildung und dem Umstand, dass sie maßgeblich für die Etablierung der Befähigungsprüfung beigetragen haben …

… zum Kurierartikel

~ Der Umgang mit Paragraph 19 – Die Frage der Methodenzuordnung
(Fortsetzung der bisherigen Überlegungen) 

Die Bundesinnungsausschusssitzung (BIAS) am 23. und 24. Mai wird zeigen, in welche Richtung der künftige Umgang mit Teilgewerben wie Nuad, aber auch Rolfing, Ortho Bionomy und vielen anderen Methoden, geht. Werden sie im Verständnis der Bundesinnung ihre Eigenständigkeit im Sinne von „Massage eingeschränkt auf Nuad“ verlieren und gehen ganz in jene Teiltätigkeiten auf, die in der Massageverordnung festgeschrieben sind? 

Um eine Zersplitterung des Massage-Gewerbes zu verhindern (dass unzählige Methoden „eigene“ Gewerbescheine lösen und es eine unüberschaubare Vielzahl von unterschiedlichen Methoden hinsichtlich Ausbildungsumfang und -qualität wie auch Ausrichtung gibt), wird von der Bundesinnung angestrebt, dass neu ansuchende Methoden zumindest „wenn möglich“ auf die im Gesetz angeführten Methoden (Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Lymphdrainage …) zurückgeführt werden. 

Allerdings gibt es in dieser Thematik starke Bestrebungen, überhaupt nur diese Teilgewerbe anzuerkennen und alle Methoden darauf zurückzuführen. Nuad, die traditionelle Thai-Massage, wäre damit lediglich ein Teilbereich der Klassischen Massage. Klassische Massage wäre das übergeordnete Gewerbe, das erworben werden muss, um Nuad ausüben zu dürfen. Wie aber schon im Newsletter vom 10. März ausgeführt wird, unterscheidet sich Nuad deutlich von der Klassischen Massage und macht eine solche Zuordnung inhaltlich keinen Sinn.

Praktisch würde diese Bestrebung aber dazu führen, dass jemand, der eine Nuad-Ausbildung absolviert hat, zusätzlich bzw. anschließend Klassische Massage erlernen und seine/ihre theoretischen und praktischen Kenntnisse darin nachzuweisen muss. Inwieweit er/sie Nuad beherrscht, spielt dann keine Rolle mehr. 

Strukturelle Integration (Rolfing). Hintergrund und Ausbildung

Diese Problematik trifft aber nicht nur Nuad, denn es gibt schon seit Jahren die Ansicht, dass Rolfing inhaltlich der Klassischen Massage zuzuordnen sei. Der bislang vorgeschlagene Gewerbeschein „Massage eingeschränkt auf Klassische Massage eingeschränkt auf Strukturelle Integration“ wäre dann ebenso hinfällig wie die für uns richtigere Ansicht „Massage eingeschränkt auf Strukturelle Integration“, denn künftig würde es auch hier nur noch „Massage eingeschränkt auf Klassische Massage“ geben. Und auch die erforderlichen Nachweise für den Gewerbeschein würden sich nur noch auf die Klassische Massage beziehen. 

Das ist aus unserer Sicht (siehe die ausführlichere Darlegung im Newsletter vom 20. Februar), inhaltlich allerdings unsinnig, da Rolfing / Strukturelle Integration eine ganzheitliche Körperarbeit ist, in deren Vordergrund ein systematisches Ausbalancieren des körperweiten Fasziennetzes steht, um ein natürliches Aufgerichtet-Sein zu erlangen: „dem Menschen helfen, ihn in einen Zustand zu bringen, in dem die Schwerkraft nicht sein Feind ist. Wir wollen, dass die Schwerkraft den Menschen unterstützt und als nährende Kraft wirkt“ (Ida Rolf; mehr Informationen unter http://www.oda-kt.ch/fileadmin/user_upload/pdf/D/METID/Strukturelle_Integration_-_Finale_Metid_d.pdf). 

Eigene Kenntnisse wie auch weitere Hintergrundinformationen legen evident dar, dass sich Rolfing / Strukturelle Integration und Klassische Massage deutlich voneinander unterscheiden und kaum Ähnlichkeiten bzw. Überschneidungen im theoretischen Hintergrund, der Herangehensweise und den Grifftechniken (insbesondere unter Einbeziehung der Zielsetzung, Intention) zeigen.

Und was die Ausbildung betrifft: In Europa koordiniert die Europäische Rolfing Association e.V. (ERA) mit Sitz in München die Ausbildungen, die 742 Stunden (a 60 Minuten) in fachspezifischen Bereichen umfasst: „Certified Rolfers are trained to possess the knowledge, sensitivity and skills necessary to respond to the needs of each individual client. To become a Certified Rolfer is a major accomplishment. Each Rolfer has participated in approximately 750 hours of Pre-training workshops, Basic Rolfing Training, Mentoring sessions and Supervision. Furthermore, to maintain their certification they must continuously update their knowledge through Continuing Education credits earned by further studies leading up to an Advanced Certification within a 3 to 7 year period” (http://rolfing.org/becoming-a-rolfer/basic-certification).

Die Problematik

Absolventen der Rolfing-Ausbildung – nochmals in aller Deutlichkeit: mit mindestens 742 Ausbildungsstunden und einem eigenständigen, von Klassischer Massage abweichenden Behandlungsansatz wie auch abweichenden Behandlungsmethoden – müssen, wenn eine strikte Einschränkung auf die bestehenden Teiltätigkeiten befürwortet wird, zusätzlich die theoretischen und praktischen Grundlagen und Techniken der Klassischen Massage erlernen. Dann müssen sie ihre theoretischen und praktischen Kenntnisse darüber nachweisen und eine entsprechende (mindestens halbjährige) Praxis in Klassischer Massage (oder auch Rolfing, sofern hier die Möglichkeit eines Praktikums besteht) absolvieren, um anschließend Rolfing unter dem auf Klassische Massage eingeschränkten Gewerbeschein praktizieren zu dürfen. 

Warum? Das Argument, dass es hier um Kundensicherheit geht, kann wohl getrost zurückgewiesen werden, wenn man die Ausbildung, ihre Stundenanzahl  und ihre Grundlagen kennt. Warum dann?

Ein weiteres Beispiel: Ortho-Bionomy

Ortho-Bionomy (sinngemäß übersetzt: den Regeln des Lebens folgen) ist eine ganzheitliche Körperarbeit, die von Lincoln Pauls (1929– 1997) begründet wurde und auf der Erkenntnis von Lawrence Jones beruht, dass die schmerzfreie Lagerung eines Menschen eine nachhaltige Lösung von Spannungen bewirkt. Durch gezielte sanfte Positionierung wird in der Behandlung das momentane Haltungsmuster eines Menschen verstärkt und für ihn erfahrbar gemacht. 

Funktionellen Veränderungen, so Pauls, liegt eine Art „Verwirrung“ zugrunde, da sich der betroffene Mensch bis dahin selbst organisieren konnte. Spannungen und Dysbalancen sind deshalb primär nicht als Pathologien zu verstehen, vielmehr als Ausdruck der überforderten Selbstregulation.

In Ortho-Bionomy, so Christina Schwab (Präsidentin von Ortho-Bionomy Österreich), geht es deshalb darum, diese Fähigkeiten zu wecken und optimale Bedingungen für sie zu schaffen. Das erfolgt ohne Manipulationen oder Korrekturen, vielmehr werden autoregulative Prozesse durch gezielte Anregung bei gleichzeitigem Stressabbau durch eine achtsame und schmerzfreie Positionierung unterstützt.

Grundlegend ist die KlientIn in einer Ortho-Bionomy-Sitzung bekleidet und steht in ihrer Ganzheit im Fokus der Betrachtung. Die Behandlung ist ressourcenorientiert.

Pauls lehrte Ortho-Bionomy seit 1976 in Kanada und den USA, seit 1984 auch in Europa. Die „Ortho-Bionomy® European Assiociation of Teachers“ (OBEAT, gegründet 1994) mit Sitz in der Schweiz ist der Ortho-Bionomy-Hauptverband für Europa. Hierzulande vertritt der „Verein Ortho-Bionomy® Österreich“ die Methode und koordiniert die Ausbildung (www.ortho-bionomy.at). 

In Österreich umfasst die Ausbildung zum „Ortho-Bionomy® Practitoner“ mindestens 360 Stunden in fachspezifischen Bereichen, in den meisten Fällen jedoch 456 Stunden, eine Practitioner-Anwärter-Prüfung und eine Practitioner-Prüfung. Die Ausbildungsdauer beträgt mindestens 2 Jahre. Um die Qualität der Practitioner zu sichern ist jeder Practitioner innerhalb von 3 Jahren zur Weiterbildung verpflichtet. 

Bislang wurden für Ortho Bionomy eingeschränkte Gewerbeberechtigungen (Massage eingeschränkt auf Ortho-Bionomy) ausgestellt. Eine Zuordnung zu einer der in der Massage-Verordnung angeführten Teiltätigkeiten scheint inhaltlich nicht vertretbar. Und ebenso ist uns nicht nachvollziehbar, dass „Ortho-Bionomy® Practitoner“ in Zukunft z.B. Klassische Massage erlernen sollten (inklusive entsprechender Praxis), um Ortho-Bionomy gewerblich praktizieren zu dürfen. 

Vielleicht aber auch, so eine alternative Überlegung, die von manchen KollegInnen zu hören ist, sollten Methoden wie Ortho-Bionomy, Rolfing, Nuad und andere, die inhaltlich keine hinreichenden Gemeinsamkeiten mit den in der Massage-Verordnung angeführten Tätigkeiten aufweisen (und mit ihnen dann vielleicht auch die in sich geschlossenen Systeme), eine eigene gewerbliche Regelung, einen eigenen Gewerbeschein erhalten…

… wird fortgesetzt

~ Der Umgang mit Paragraph 19 – Die Frage der Umsetzung
(Fortsetzung der früheren Überlegungen) 

Sollte die BIAS (Bundesinnungsausschusssitzung) am 23. und 24. Mai eine Vorgehensweise zur Einschränkung der Teilgewerbe beschließen, stellen sich – je nach Beschluss – dennoch wesentliche Fragen zur Durchführung einerseits oder zur Umsetzung andererseits.

Wird eine MODERATE REGELUNG beschlossen, der zufolge neu ansuchende Methoden nach Möglichkeit (aber durchaus nicht ausschließlich) auf die im Gesetz angeführten Methoden (Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Lymphdrainage …) zurückgeführt werden sollen, stellen sich insbesondere nachfolgende Fragen:

  1. Wann lässt sich eine Methode nicht (ausreichend) auf eine der im Gesetz angeführten Methoden zurückführen?
  2. Wie wird erhoben und festgelegt, dass eine Methode nicht (ausreichend) auf eine der im Gesetz angeführten Methoden zurückführen ist?
  3. Wer führt diese Erhebung und Festlegung durch?
  4. Welche Inhalte sollen (wie z.B. Anatomie und Physiologie) verpflichtend sein?
  5. Welchen Stundenumfang sollen diese Methoden insgesamt erfüllen?
  6. Wer soll die theoretisch-praktischen Fähigkeiten und Kenntnisse einer AntragsstellerIn bewerten?
  7. Wie soll der notwendige Praxisnachweis erfolgen?
  8. Wie wird sie den Gewerbebehörden, künftigen Ansuchenden und gegebenenfalls auch potentiellen Kunden mitgeteilt? 

Ad 1-3) Die ersten drei Fragen sind eng miteinander verbunden, wobei die erste Frage naturgemäß durch einen mehr oder weniger großen Interpretationsspielraum und damit mögliche willkürliche Entscheidungen gekennzeichnet ist. Die beiden nachfolgenden Punkte haben das Potential, diese Problematik einzugrenzen. 

Das könnte zum einen dadurch geschehen, dass die Bewertung der Methode nicht nur einseitig durch (womöglich selbsternannte) Expert*innen erfolgt, sondern durch Expert*innen-Teams, die über die für die jeweilige Methode bestmöglichen Kenntnisse verfügen (z.B. die Methode selbst kennen, eine möglichst ähnliche Methode kennen etc.). Und zum anderen dadurch, dass die Methode gut recherchiert wird (YouTube-Videos reichen hier erfahrungsgemäß nicht aus, weil ihr Ursprung meist ebenso unklar ist wie ihre Zielsetzung) und möglichst Ausübende dieser Methode eingebunden werden (bevorzugt Vertreter*innen eines Dachverbandes, falls ein solcher für diese Methode existiert; nach Möglichkeit aber immer Personen, die Standpunkte „bündeln“ und nicht nur  Einzelinteressen verfolgen). 

Ein auf diese Weise erstellter Bericht inklusive Empfehlung sollte dann in einem größeren Expertenforum (wahrscheinlich unter Einbindung der Landesinnungen) besprochen werden, so dass letztendlich ein gemeinsamer Standpunkt formuliert werden kann.

Das ist sicherlich ein aufwendiges Vorgehen. Die Qualität des Ergebnisses und die Einigkeit (mit großer Wahrscheinlichkeit auch mit den Methodenvertreter*innen) sprechen allerdings dafür und würden auch die Kompetenz der Innung für verlässliche und ausgewogene Expertisen belegen.

Ad 4-5) Die Landesinnung Niederösterreich hatte in einem Schreiben, das mittlerweile durch einen aktuellen Beschluss seine Bedeutung verloren hat, für „anerkannte“ Teilgewerbe (z.B. Nuad, aber auch Klassische Massage) folgende Mindeststandards in der Ausbildung festgehalten:

  • Anatomie, Histologie, allgemeine Pathologie: 140 Stunden 
  • Hygiene: 15 Stunden 
  • Erste Hilfe 10 Stunden 
  • Pathologie: 30 Stunden 
  • Grundlagen der Kommunikation: 30 Stunden
  • Fachspezifische Stunden: 70 Stunden 

Von den insgesamt 295 als erforderlich betrachteten Ausbildungsstunden waren 195 Stunden medizinische Fächer, 30 Stunden Kommunikation (zusammen 225 Stunden) und nur 70 Stunden fachspezifische Ausbildung (also etwa 4 Wochenenden). Zusätzlich allerdings werden 2 Jahre Praxis und der Nachweis kaufmännischer Fähigkeiten als notwendig angesehen.

Sollten, wie (auch) zu hören war, nun sogar weniger Stunden als Voraussetzung betrachtet werden – möglicherweise sogar nur 200 Stunden –, wäre das eine potentielle und gravierende Herabsenkung der Ausbildungsqualität, die bislang (wieder im Vergleich zu den früheren Vorgaben in Niederösterreich) allein 195 Stunden medizinischer Grundlagen als Basis sah. Und auch der wirklich geringe Anteil an theoretisch-praktischen fachspezifischen Stunden erscheint bedenklich: 225 zu 70 Stunden. Auch wenn die Bedeutung westlich-medizinischen und kommunikativen Wissens im Sinne der Kund*innensicherheit nachvollziehbar ist, erscheint doch deren Umfang, im Vergleich zu den fachspezifischen Stunden, überhöht. Auch dann, wenn man berücksichtigt, dass sich die Vorgaben an die Massage-Verordnung anlehnen. Diese aber sind auf das Vollgewerbe abgestellt, das sechs Massagetechniken und ihre Grundlagen in sich vereint.

Ad 6) Dazu kommt die Frage, ob sich in allen Bundesländern qualifizierte Masseur*innen finden, die die theoretisch-praktischen Fähigkeiten und Kenntnisse eines*einer Antragssteller*in für diese eingeschränkten Gewerbe beurteilen können. Auf alle Fälle wäre damit aber auch die Aufgabe verbunden, verbindlich festzulegen, welche Kompetenzen und Kenntnisse durch den*die Antragssteller*in erfüllt werden müssen.

Ad7) Ein großes Problem stellt auch noch der angedachte (und teilweise schon eingeforderte) Praxisnachweis dar. Dieser mag zwar im Bereich von Klassischer Massage noch relativ leicht erfüllbar sein, wohl aber deutlich schwieriger in jenen Methoden, von denen hier die Rede ist – von vereinzelten spezifischen Lehrpraxen einmal abgesehen (aber auch hier stellt sich die Frage, ob die erforderlichen Zeiten damit erfüllt werden können).

Im Fall von Shiatsu (und den anderen ganzheitlich in sich geschlossenen Systemen) hat der Gesetzgeber diese Problematik erkannt und – anstelle des in der Massageausbildung üblichen Praxisnachweises – verfügt, dass mindestens 150 Behandlungs-Sitzungen protokolliert nachgewiesen werden müssen.

Ein solcher Weg wäre wohl auch hier möglich (und wohl auch nicht gegen die Intentionen des Gesetzgebers), wobei in diesem Fall dann noch die Frage zu beantworten wäre, wer diese Protokolle bewertet. Im Shiatsu liegt diese Aufgabe in Händen der ausbildenden, Dachverbands-zertifizierten Schule, die sie als Teil des „Feedbacksystems“ nutzt.

Inoffiziell wird allerdings von einer weitaus größeren Anzahl an gewünschten protokollierten Behandlungen gesprochen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass diese von Personen geleistet werden müssen, die noch keinerlei Berufsberechtigung aufweisen. Deshalb können und dürfen sie aus diesen Behandlungen keinen Verdienst erzielen und absolvieren sie meist neben ihrer sonstigen beruflichen Tätigkeit. Geht man deshalb z.B. von 5 Massagen wöchentlich aus (was einem realistischen Zeitaufwand von zumindest 7 bis 8 Stunden bedeutet, wahrscheinlich aber mehr), dann bedeutet das 20 Massagen pro Monat und etwa 200 pro Jahr (unter Berücksichtigung von Urlauben, Krankheiten und sonstigen Ausfällen). 400 Sitzungen wären dann zwei Jahre, 800 Sitzungen vier Jahre. Und das ist immer auch im Vergleich mit den Vorgaben bei den ganzheitlich in sich geschlossenen Systemen zu sehen, die (allerdings bei einer höheren Anzahl von Ausbildungsstunden) nur 150 Sitzungen nachzuweisen haben. 

Generell sollte hier wohl eher die Qualität (und Nachhaltigkeit in Hinblick auf die Ausbildung) der Behandlungen im Auge behalten werden als die Quantität, die zwar Hürden schafft aber inhaltlich nicht immer den erhofften Benefit bringt.

Ad 8) Ein, wie unter 1-3 beschrieben, erstellter Bericht inklusive Empfehlung sollte auf alle Fälle den Gewerbebehörden aller Bundesländer zur Verfügung gestellt werden, die in der Argumentation auf diesen zurückgreifen können. Ein solches Vorgehen scheint, so zumindest die Erfahrungen in Wien, von den Behörden gewünscht zu sein.

Darüber hinaus wäre es wohl sinnvoll, diese Berichte auf den Seiten der Landesinnungen gut erreichbar online zu stellen, weil damit Sicherheit und Orientierung für Mitglieder und künftige Mitglieder, aber auch für KonsumentInnen, geschaffen wird.

Wird eine RESTRIKTIVE REGELUNG beschlossen, der zufolge  jede neu ansuchende Methode auf die im Gesetz angeführten Methoden (Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Lymphdrainage …) zurückgeführt werden sollen, stellen sich insbesondere nachfolgende Fragen:

  1. Wie wird diese Regelung gegenüber betroffenen Methoden begründet? 
  2. Wie wird diese Empfehlung gegenüber den Gewerbebehörden begründet, insbesondere auf Basis bereits bestehender eingeschränkter Gewerbescheine für diese Methoden?
  3. Wie wird damit umgegangen, sollte die Gewerbebehörde oder das Wirtschaftsministerium diese Vorgehensweise nicht unterstützen? 

Ad 1-2) Wollte man eine inhaltliche Begründung abgeben, so müsste diese für jede ansuchende Methode erstellt werden (siehe unter „moderate Regelung“) oder man zieht sich formal auf den Wortlaut der Massage-Verordnung zurück, die nur die dort gelisteten Methoden kennt. 

Letzterer Standpunkt scheint einfach, hat aber seine Tücken, da die Vergangenheit gezeigt hat, dass das Wirtschaftsministerium durchaus die (schriftlich belegte) Bereitschaft gezeigt hat, neue Methoden als eingeschränkte Gewerbetätigkeiten zuzulassen. Das war so z.B. Shiatsu knapp vor der Jahrtausendwende, als diese Methode noch nicht explizit als ganzheitlich in sich geschlossenes System in der Massage-Verordnung verankert war. Nun könnte man hier zwar argumentieren, dass mit den jetzt erfassten ganzheitlich in sich geschlossenen Systemen dieser Öffnungsprozess abgeschlossen sei  oder dass die ansuchenden Methoden nicht diesen Status erfüllen – aber das würde eine Stellungnahme bedeuten, die keiner Institution zusteht, es sei denn dem Ministerium selbst (oder einer anderen gesetzgebenden oder richterlichen Instanz).

Auf der anderen Seite gibt es bereits ausgestellte Gewerbescheine für einige der betroffenen Methoden. Und es bleibt die Frage offen, welche Haltung die Gewerbebehörde gegenüber Ansuchenden einnehmen wird, da die Sichtweise der Innungen ja nur eine Empfehlung darstellt und nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein/e Ansucher/in rechtlich dagegen vorgeht.

Ad 3) Hier schließt die Fragestellung an, ob die Gewerbebehörde und in nächster Instanz das Wirtschaftsministerium (siehe das Vorgehen auf den Gewerbereferententagungen) diesen Innungsstandpunkt teilt – ganz abgesehen davon, dass sich ein/e Gewerbeansuchende/r auch direkt mit dieser Fragestellung an das Ministerium wenden könnte.

Sollte die Gewerbebehörde resp. das Ministerium diese Sichtweise nicht teilen, ist wohl nicht abzuschätzen, was das für die Reputation der Bundesinnung und der Innungen und möglicherweise für das Gewerbe insgesamt bedeutet. Vielleicht sollte vor einer geplanten Umsetzung, falls die Bundesinnungsausschussitzung einen solchen Grundsatzentschluss trifft, auf alle Fälle nachgefragt werden, welche Sichtweise das Ministerium auf diese Problemstellung hat. 

… wird fortgesetzt


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