Die Wirkung von WATSU (WasserShiatsu)

Frau in Wasser liegend

Überprüfung der Ergebnisse

Um das Ergebnis zu überprüfen, wurden jene 125 Befragten, die alle Fragen vollständig beantwortet hatten, zu einem Retest eingeladen. 41 von ihnen (31,2 %) haben den Retest ausgefüllt, wobei – mit Ausnahme des Jarcho-Levin-Syndroms – alle Anwendungsgebiete und Wirkungen von WATSU in der Praxis in derselben Reihenfolge bestätigt wurden.

Diskussion der Ergebnisse

Alle aus der wissenschaftlichen Literatur entnommenen Anwendungsbereiche und Wirkungen der WATSU wurden in der Praxis bestätigt. Wenngleich die Bewertungen der Häufigkeit des Auftretens der aufgeführten Anwendungsbereiche und Wirkungen in der Praxis variierten, wurde die Wirksamkeit von WATSU mit auffallender Kontinuität hoch bewertet, was die Autor*innen auf eine Überschätzung der selbst eingeschätzten Kompetenz schließen lässt1Die Autor*innen verweisen auf P.L. Ackerman, M.E. Beier, K.R. Bowen: What we really know about our abilities and our knowledge. Pers. Indiv. Differ., 33 (2002), S. 587-605 und D.A. Moore, D. Schatz: The three faces of overconfidence. Soc. Personal. Psychol. Compass., 11 (2017), p. e12331, 10.1111/spc3.12331.

  • Wie auch in der Literatur berichtet wird, bestätigten die Befragten die Wirksamkeit von WATSU bei verschiedenen Schmerzzuständen als hoch, vor allem bei Kreuz- und Nackenschmerzen. Darüber hinaus berichteten fast alle Befragten sowohl eine Linderung körperlicher Anspannung als auch eine Zunahme von Mobilität und Flexibilität.2Die sanfte passive Mobilisierung des WATSU, die einen ungehinderten Bewegungsumfang wiederherstellen hilft, könnte zusätzlich (durch das Durchströmen von warmen Wasser) nicht-myelinisierte c-taktile afferente Fasern aktivieren, die auf sanftes Streicheln bei Hauttemperatur reagieren und mit der Schmerzhemmung in Verbindung stehen. Die verringerte schmerzbedingte Hemmung der Muskelaktivität könnte wiederum, so führen die Autor*innen aus, eine Erklärung für die erhöhte Muskelkraft sein, die von einigen Befragten als eine Wirkung von WATSU bestätigt wurde; vgl. auch A.M. Schitter, J. Fleckenstein: passive hydrotherapy WATSU for rehabilitation of an accident survivor: a prospective case report. Complement. Med. Res., 25 (2018), pp. 263-268, 10.1159/000487768.
  • Bestätigt wurde von den meisten Befragten auch die Wirkung von WATSU bei Menschen, die unter stressbedingten Verhältnissen und psychischen Herausforderungen, wie z.B. Depressionen, leiden. Und auch fast die Hälfte der Nennungen, die von den Befragten zusätzlich eingebracht wurden, betrafen Anwendungsbereiche und Wirkungen bei der Behandlung von psychischen Problemen, wie z.B. Traumata, stressbedingte Probleme, die Wiederherstellung eines emotionalen Gleichgewichts, die Förderung eines Zugehörigkeitsgefühls und die Verarbeitung „negativer“ Emotionen. Im Unterschied zur mittleren positiven Wirksamkeit, die in der Literatur berichtet wird, beurteilen die Befragten die Wirkungen von WATSU als hoch.3Schon, wie die Autor*innen ausführen, das Eintauchen in thermoneutrales Wasser führt zu einer Vielzahl physiologischer Veränderungen, wie Veränderungen in der Atmung und im Herz-Kreislaufsystem. Zudem könnte das Wiegen, Bewegen, Halten und Massieren durch einen anderen Menschen ferne und tröstliche Erinnerungen an die elterliche Fürsorge oder sogar an das Pflegeverhalten von Säugetieren mit allen überlebenswichtigen Implikationen hervorrufen.
  • In geringerem Ausmaß wurde die Anwendung von WATSU bei neurologischen Erkrankungen und in der Palliativmedizin bestätigt4Wobei für die Behandlung dieser Personen, wie die Autor*innen anmerken, eine zusätzliche Ausbildung, z.B. in Psychotherapie, erforderlich ist. Die hohe Wirksamkeit der WATSU, wie sie von den Befragten, die z. B. mit Zerebralparese vertraut waren, eingeschätzt wurde, deckt sich jedoch, den Autor*innen folgend, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.
  • Die meisten Befragten hatten gelegentlich schwangere Personen behandelt, einige waren sogar auf Schwangerschaft spezialisiert. Sie schätzten die Wirksamkeit von WATSU in diesem Anwendungsbereich hoch ein und hielten die Anwendung in dieser Situation für „äußerst hilfreich“. Die bisher einzige Pilotstudie zu diesem Thema bestätigt diese Einschätzungen und zeigt eine Verringerung von schwangerschaftsbedingten Schmerzen des unteren Rückens und Stress.5A.M. Schitter, M. Nedeljkovic, H. Baur, J. Fleckenstein, L. Raio: Effects of passive hydrotherapy WATSU (WaterShiatsu) in the third trimester of pregnancy: results of a controlled pilot study. Evid. Based Complement. Alternat. Med. (2015), p. 437650, 2015.

Hintergründe der WATSU-Praktizierenden

Da an der Umfrage Praktizierende aus 41 insgesamt Ländern teilnahmen, konnten auch weltweit berufliche Hintergründe erfasst werden und damit wohl das gesamte Spektrum dieser – von Befragten, die gerade erst ihr Diplom erhalten hatten, bis hin zu Befragten, die auf jahrzehntelange Erfahrungen zurückgreifen konnten.6Informationen fehlten nur aus fünf Ländern, in denen Praktiker*innen in der WABA gelistet sind. Leider, wie die Autor*innen ausführen, gibt es keine vollständigen Informationen darüber, wie viele Praktiker*innen es weltweit gibt oder in welchen Ländern WATSU ausgebildet oder praktiziert wird.

  • Drei Viertel der Befragten in dieser Umfrage waren weiblich, und auch in den Praktikerlisten im Internet ist ein erhöhter Frauenanteil zu erkennen.
  • In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der Ausübung von WATSU um einen Beruf handelt, gaben die Befragten eine überraschend niedrige Anzahl von Sitzungen pro Jahr an, was sich in einer relativ geringen Anzahl von Sitzungen sogar über die gesamte berufliche Laufbahn hinweg niederschlägt.
  • Während sich die Empfänger nach einer WATSU-Sitzung entspannt und schläfrig fühlen können, sind Praktiker*innen, die regelmäßig mehrere Empfänger*innen hintereinander behandeln, gesundheitlichen Stressfaktoren ausgesetzt, die denen ähneln, die bei Leistungsschwimmern (z. B. in Bezug auf die Gesundheit der Atemwege, Hautreizungen, Knochenmineraldichte) oder Berufstauchern (z. B. beschleunigte Ermüdung im warmen Wasser) beobachtet werden. Auch ist das Durstempfinden während des Tauchens vermindert, so dass Taucher umso mehr darauf achten müssen, die durch die tauchbedingte Diurese verursachte Dehydration bewusst auszugleichen.7Die Autor*innen verweisen auf D.E. Graveline, M.M. Jackson: Diuresis associated with prolonged water immersion. J. Appl. Physiol., 17 (1962), pp. 519-524.
  • Dementsprechend scheint WATSU von den meisten Befragten, einschließlich derjenigen, die angaben, WATSU als Angestellte in spezialisierten Rehabilitationseinrichtungen zu praktizieren, nicht als Nine-to-five-Job, sondern eher für einige Stunden pro Woche praktiziert worden zu sein. Für die Befragten scheint WATSU eher eine Nebenbeschäftigung als ein Hauptberuf zu sein.
  • Nur ein Drittel der Befragten gab an, bei als ideal angenommenen (thermoneutralen8Thermoneutralität einer Umgebung wird über den fehlenden physiologischen Aufwand zur Aufrechterhaltung der Kerntemperatur definiert.) Beckentemperaturen zu arbeiten, wobei die physiologische Anpassungsreaktion des Menschen auf überschüssige Wärme (Verdunstungskälte durch Schwitzen) für die aquatische Umwelt ungeeignet ist, weshalb wärmere als neutrale Wassertemperaturen einen größeren Einfluss auf die Kerntemperatur und das autonome Nervensystem als kühlere haben, was potenziell gefährlich ist. Eine optimale Wassertemperatur während des WATSU könnte deshalb als wesentlich angesehen werden, um keine gefährlichen oder unangenehmen Situationen zu provozieren.9Beobachtungen an Land deuten darauf hin, dass das thermische Wohlbefinden u. a. mit den saisonalen Außentemperaturen, der Luftfeuchtigkeit und persönlichen Aspekten wie Alter, Körperzusammensetzung und psychologischen Faktoren oder Schwangerschaft zusammenhängt. In der Literatur finden sich auch Hinweise auf geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Anpassung an die Umgebungsbedingungen und darauf, dass nicht schwangere Frauen wärmere Temperaturen bevorzugen als Männer.
    Zudem ist zu beachten, dass körperliches Frösteln vom Organismus eingesetzt wird, um kühlen Temperaturen entgegenzuwirken, wobei kaltes Frösteln emotional auch mit tief sitzender Angst verbunden ist.
    Aktuelle Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass die physiologischen Körpertemperaturen nicht nur sehr individuell sind, sondern dass sie in industrialisierten Gesellschaften im Laufe des letzten Jahrhunderts im Durchschnitt gesunken sind.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Die Autor*innen verweisen auf P.L. Ackerman, M.E. Beier, K.R. Bowen: What we really know about our abilities and our knowledge. Pers. Indiv. Differ., 33 (2002), S. 587-605 und D.A. Moore, D. Schatz: The three faces of overconfidence. Soc. Personal. Psychol. Compass., 11 (2017), p. e12331, 10.1111/spc3.12331.
  • 2
    Die sanfte passive Mobilisierung des WATSU, die einen ungehinderten Bewegungsumfang wiederherstellen hilft, könnte zusätzlich (durch das Durchströmen von warmen Wasser) nicht-myelinisierte c-taktile afferente Fasern aktivieren, die auf sanftes Streicheln bei Hauttemperatur reagieren und mit der Schmerzhemmung in Verbindung stehen. Die verringerte schmerzbedingte Hemmung der Muskelaktivität könnte wiederum, so führen die Autor*innen aus, eine Erklärung für die erhöhte Muskelkraft sein, die von einigen Befragten als eine Wirkung von WATSU bestätigt wurde; vgl. auch A.M. Schitter, J. Fleckenstein: passive hydrotherapy WATSU for rehabilitation of an accident survivor: a prospective case report. Complement. Med. Res., 25 (2018), pp. 263-268, 10.1159/000487768.
  • 3
    Schon, wie die Autor*innen ausführen, das Eintauchen in thermoneutrales Wasser führt zu einer Vielzahl physiologischer Veränderungen, wie Veränderungen in der Atmung und im Herz-Kreislaufsystem. Zudem könnte das Wiegen, Bewegen, Halten und Massieren durch einen anderen Menschen ferne und tröstliche Erinnerungen an die elterliche Fürsorge oder sogar an das Pflegeverhalten von Säugetieren mit allen überlebenswichtigen Implikationen hervorrufen.
  • 4
    Wobei für die Behandlung dieser Personen, wie die Autor*innen anmerken, eine zusätzliche Ausbildung, z.B. in Psychotherapie, erforderlich ist. Die hohe Wirksamkeit der WATSU, wie sie von den Befragten, die z. B. mit Zerebralparese vertraut waren, eingeschätzt wurde, deckt sich jedoch, den Autor*innen folgend, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.
  • 5
    A.M. Schitter, M. Nedeljkovic, H. Baur, J. Fleckenstein, L. Raio: Effects of passive hydrotherapy WATSU (WaterShiatsu) in the third trimester of pregnancy: results of a controlled pilot study. Evid. Based Complement. Alternat. Med. (2015), p. 437650, 2015.
  • 6
    Informationen fehlten nur aus fünf Ländern, in denen Praktiker*innen in der WABA gelistet sind. Leider, wie die Autor*innen ausführen, gibt es keine vollständigen Informationen darüber, wie viele Praktiker*innen es weltweit gibt oder in welchen Ländern WATSU ausgebildet oder praktiziert wird.
  • 7
    Die Autor*innen verweisen auf D.E. Graveline, M.M. Jackson: Diuresis associated with prolonged water immersion. J. Appl. Physiol., 17 (1962), pp. 519-524.
  • 8
    Thermoneutralität einer Umgebung wird über den fehlenden physiologischen Aufwand zur Aufrechterhaltung der Kerntemperatur definiert.
  • 9
    Beobachtungen an Land deuten darauf hin, dass das thermische Wohlbefinden u. a. mit den saisonalen Außentemperaturen, der Luftfeuchtigkeit und persönlichen Aspekten wie Alter, Körperzusammensetzung und psychologischen Faktoren oder Schwangerschaft zusammenhängt. In der Literatur finden sich auch Hinweise auf geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Anpassung an die Umgebungsbedingungen und darauf, dass nicht schwangere Frauen wärmere Temperaturen bevorzugen als Männer.
    Zudem ist zu beachten, dass körperliches Frösteln vom Organismus eingesetzt wird, um kühlen Temperaturen entgegenzuwirken, wobei kaltes Frösteln emotional auch mit tief sitzender Angst verbunden ist.
    Aktuelle Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass die physiologischen Körpertemperaturen nicht nur sehr individuell sind, sondern dass sie in industrialisierten Gesellschaften im Laufe des letzten Jahrhunderts im Durchschnitt gesunken sind.

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