Wirkt Massage bei Schmerzen? Was sagen die vorliegenden Studien?

Schmerz

Unerwünschte Ereignisse

Etwa die Hälfte der eingeschlossenen Übersichtsarbeiten sammelte Belege zu unerwünschten Ereignissen (durch die Massagebehandlungen), wobei über keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse berichtet wurde.111 von 17 Metastudien berichten über unerwünschte Ereignisse, zwei weitere Studien über unerwünschte Ereignisse bei der Behandlung von drei gesundheitlichen Beschwerden.

Diskussion der Ergebnisse

Die vorliegende Studie fußt auf der Studie von Miake-Lye,2Isomi M. Miake-Lye, Selene Mak, Jason Lee, Tana Luger, Stephanie L. Taylor, Roberta Shanman, Jessica M. Beroes-Severin, and Paul G. Shekelle: Massage for Pain: An Evidence Map. The Journal of Alternative and Complementary Medicine 2019 25:5, 475-502. https://doi.org/10.1089/acm.2018.0282., die 2018 zum Thema „Massagebehandlungen gegen Schmerzen“ veröffentlicht wurde, und verwendet die analogen Kriterien. Im Vergleich mit der sechs Jahre älteren Studie zeigen sich 2024 vier neue Zusammenhänge, die 2018 noch nicht erfasst waren. Für acht Bedingungen, die 2018 aufgeführt wurden, gab es keine neuen Metastudien, die die notwendigen Kriterien erfüllten, und sieben Zusammenhänge fanden sich in beiden Studien.

Trotz der umfangreichen Literatur mit randomisierten klinischen Originalstudien und systematischen Übersichten über randomisierte klinische Studien zur Massagetherapie als Schmerzbehandlung gibt es, so die Studienautor*innen, aber (weiterhin) nur wenige Erkrankungen, für die die Autor*innen der systematischen Übersichten zum Schluss kamen, dass es zumindest mäßig sichere Belege für gesundheitliche Auswirkungen im Zusammenhang mit der Massagetherapie und Schmerzen gibt. Die meisten Übersichten hingegen berichteten über Belege mit geringer oder sehr geringer Sicherheit.

Problematisch ist, den Autor*innen folgend, dass der Begriff der Massagetherapie in der Forschung weit gefasst wird und damit eine Vielzahl von Stilen und Techniken umfasst, was manchmal zu Unklarheiten führt, ob es sich bei einer spezifischen Intervention um eine Massagetherapie handelt. So wird beispielsweise Akupressur je nach Definition des*der Autor*in in diversen Studien manchmal als Akupunktur und manchmal als Massagetherapie kategorisiert.3Die Autor*innen haben deshalb ausschließlich Publikationen zu Behandlungen berücksichtigt, die ausdrücklich als Akupressur bezeichnet wurden.

Ein anderes Problem sind Kontrollgruppen, die eine Placebo- oder Scheinmassagetherapie erhalten, denn – anders als ein pharmazeutisches Placebo – sind Scheinmassagebehandlungen möglicherweise nicht wirklich inaktiv. So ist denkbar, dass selbst die leichten Berührungen oder Berührungen ohne klares Kriterium, wie sie bei der Scheinmassagetherapie angewendet werden, mit einigen positiven Ergebnissen verbunden sind. Damit kann sich die Situation ergeben, dass sowohl Patient*innen, die eine Massagetherapie erhalten, als auch Patient*innen, die eine Scheinmassagetherapie erhalten, ein gewisses Maß an Symptomverbesserung aufweisen könnten. Und so stellt sich die Frage, ob eine Schein- oder Placebobehandlung überhaupt eine geeignete Vergleichsgruppe in Studien zur Massagetherapie sein kann. Oder könnte es nicht vielleicht informativer sein, wie es die Autor*innen nahelegen, die Massagetherapie mit anderen Behandlungen zu vergleichen, die zugänglich sind und deren Nutzen bekannt ist, so dass alle zusätzlichen positiven Ergebnisse, die mit der Massagetherapie in Verbindung gebracht werden, besser isoliert und verstanden werden können.

Eine höhere Beweissicherheit kann letztlich nur dann erreicht werden, wenn systematische Übersichten und Meta-Analysen mit qualitativ hochwertigen Primärstudien durchgeführt werden. Studien, in denen die Massagetherapie mit Placebo oder Scheinmedikamenten verglichen wird, haben aus oben angeführten Gründen, so die Autor*innen, wahrscheinlich nicht die höchste Priorität. Vielmehr sollte die Priorität auf Studien liegen, in denen die Massagetherapie mit anderen empfohlenen, anerkannten und aktiven Schmerztherapien verglichen wird. Wichtig wären auch ausreichend lange Nachbeobachtungszeiten, damit sich unspezifische Ergebnisse (z. B. solche, die mit einer neuen Behandlung in Zusammenhang stehen) „auflösen“ können.4Für Studien über chronische Schmerzen schlagen die Autor*innen beispielsweise einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten vor.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    11 von 17 Metastudien berichten über unerwünschte Ereignisse, zwei weitere Studien über unerwünschte Ereignisse bei der Behandlung von drei gesundheitlichen Beschwerden.
  • 2
    Isomi M. Miake-Lye, Selene Mak, Jason Lee, Tana Luger, Stephanie L. Taylor, Roberta Shanman, Jessica M. Beroes-Severin, and Paul G. Shekelle: Massage for Pain: An Evidence Map. The Journal of Alternative and Complementary Medicine 2019 25:5, 475-502. https://doi.org/10.1089/acm.2018.0282.
  • 3
    Die Autor*innen haben deshalb ausschließlich Publikationen zu Behandlungen berücksichtigt, die ausdrücklich als Akupressur bezeichnet wurden.
  • 4
    Für Studien über chronische Schmerzen schlagen die Autor*innen beispielsweise einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten vor.

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