Wirkt Massage bei Schmerzen? Was sagen die vorliegenden Studien?

Schmerz

Was bringt die Massagetherapie bei Schmerzen unterschiedlicher Art? Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommen Forscher.“ Unter diesem Titel informiert das Informationsnetzwerk Medscape Nachrichten medizinisch Tätige (Ärzt*innen, Therapeut*innen)1Originalveröffentlichung von Diana Swift am 15. Juli 2024 unter dem Titel Benefit of Massage Therapy for Pain Unclear in MDedge Internal Medicine. am 21. August 2024 über die systematische Überblicksarbeit Einsatz von Massagetherapie bei Schmerzen, 2018-20232Mak S, Allen J, Begashaw M, et al. Use of Massage Therapy for Pain, 2018-2023: A Systematic Review. JAMA Netw Open. 2024;7(7):e2422259. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.22259. https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2821154., die im Juli in JAMA Open Network veröffentlicht wurde – mit der Conclusio, dass es „trotz Hunderter randomisierter klinischer Studien und Dutzender systematischer Übersichten nur wenige“ Studien gibt, „die Schlussfolgerungen mit mehr als nur geringer Sicherheit“ liefern: Keiner der Reviews zeigt Ergebnisse mit hoher und lediglich sieben mit mäßiger Evidenz (Schmerzen in Zusammenhang mit Erkrankungen wie Rückenproblemen, Wehen und Brustkrebsoperationen). Alle anderen Aussagen weisen nur eine geringe oder sogar sehr geringe Beweissicherheit auf.

Die Studie Use of Massage Therapy for Pain, 2018-2023

Für die Studie wurden fünf Datenbanken3PubMed, die Allied and Complementary Medicine Database, der Cumulated Index to Nursing and Allied Health Literature, die Cochrane Database of Systematic Reviews und Web of Science. nach relevanten Datensätzen durchsucht, die zwischen Juli 2018 und April 2023 veröffentlicht wurden. Die dabei verwendeten Suchbegriffe waren „massage“, „acupressure“, „shiatsu“, „myofascial release therapy“, „systematic*“, „metaanaly*“ (und ähnliche Begriffe).4Die Literaturrecherche basierte dabei auf den Recherchen, die für die 2018 fertiggestellte Evidenzkarte der Massagetherapie verwendet wurden (Miake-Lye  IM, Mak  S, Lee  J,  et al.;  Massage for pain: an evidence map.   J Altern Complement Med. 2019;25(5):475-502. doi:10.1089/acm.2018.0282).
Alle gefundenen Ergebnisse (die Abstracts oder Titel mussten sich auf die Wirksamkeit von Massagetherapie bei einem schmerzhaften Gesundheitszustand bei Erwachsenen beziehen und eine systematische Übersichtsarbeit mit mehr als einer Studie zur Massagetherapie sein) wurden von zwei Autor*innen unabhängig voneinander auf Relevanz geprüft. Unstimmigkeiten wurden in einer Gruppendiskussion geklärt.

  • In die Studie eingeschlossen wurden alle von Therapeut*innen durchgeführten Methoden, die von den Autor*innen der gefundenen Übersichtsarbeiten als Massagetherapie beschrieben wurden (z. B. Tuina, Akupressur, Ohrakupressur, Reflexzonenmassage und Myofascial Release).
  • Ausgeschlossen wurden Sportmassagebehandlungen, Osteopathie, trockenes Schröpfen oder trockenes Nadeln und „innere Massagebehandlungen“ (z. B. bei Beckenbodenschmerzen), ebenso wie selbst angewendete Massagetechniken, z.B. mit Schaumstoffrollen. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Veröffentlichungen aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, da sich in diesen Ländern die Ressourcen für die übliche Versorgung oder andere aktive Behandlungen für die eingeschlossenen Krankheiten unterscheiden.
  • Alle Publikationen mussten die Massagetherapie mit Schein- oder Placebomassage, üblicher Pflege oder anderen aktiven Therapien vergleichen. Systematische Übersichten, die andere Interventionen abdeckten, wurden berücksichtigt, wenn die Ergebnisse für die Massagetherapie separat berichtet wurden.

Nach einer formalen Bewertung der Stärke (Sicherheit, Qualität) der Studien5Die Bewertung der Stärke wurde vor allem durch Anwendung der GRADE-Methode (Grading of Recommendations, Assessment, Development, and Evaluations, siehe https://www.gradeworkinggroup.org/) vorgenommen. verblieben nur noch Arbeiten, die die verwendete Methode und die Stärke der Evidenz angeben und damit für die meisten Erkrankungen nur noch eine systematische Übersicht, die die Zulassungskriterien erfüllt.6Wurden für eine Erkrankung/Beschwerde mehrere Arbeiten gefunden, wurde zunächst geprüft, ob sich diese Arbeiten in einem anderen Merkmal unterschieden, das zur Klassifizierung verwendet wurde (z. B. unterschiedliche Vergleichspersonen oder Art der Massagetherapie) und mit einer entsprechenden Bezeichnung versehen (z. B. im Vergleich zur üblichen Behandlung oder zur Reflexzonentherapie). Wenn es mehrere Arbeiten über dieselbe Erkrankung gab, sie sich nicht in einem anderen Merkmal unterschieden, wählten die Autor*innen jene systematische Übersicht aus, die sie für die Leser*innen als am informativsten erachteten. Im Allgemeinen handelte es sich dabei um die jüngste Übersicht oder um die Übersicht mit der größten Anzahl eingeschlossener Studien.

Erfasste Studien

Die Recherche erbrachte insgesamt 1164 passende Titel, von denen 687 unmittelbar (den Studienkriterien folgend) ausgeschlossen wurden. in weiterer Folge wurden die Abstracts dieser 477 Studien überprüft. Von diesen wiederum entsprachen 348 nicht den Kriterien, so dass nur noch 129 Metastudien für das Volltextscreening verblieben, deren Qualität im Detail überprüft wurde. Schließlich verblieben dann nur noch 17 Arbeiten, die den geforderten Kriterien entsprachen.7Die Gesamtzahl der Primärstudien zur Massagetherapie bei Schmerzen in den eingeschlossenen Übersichtsarbeiten reichte von 2 Studien bis zu 23 Studien. Es gab 12 Übersichten mit weniger als 10 und 5 Übersichtsarbeiten mit 10 bis 25 Studien. Von den eingeschlossenen Studien wurden 3 Arbeiten von der Cochrane Collaboration und 2 Arbeiten vom AHRQ EPC-Programm durchgeführt. 3 Übersichtsarbeiten erfassten mehr als eine Art von Massagetherapie, 14 nur jeweils eine Form der Massagebehandlung.85 der 14 erfassten Metastudien, die nur eine Massagetechnik betrachten, beschreiben eine nicht spezifizierte Massagetherapie, 1 Studie Tuina, 5 Studien Myofascial Release und 3 Studien Akupressur.

Nach spezifischen Erkrankungen differenziert, fanden sich „passende“ Metastudien zu krebsbedingten Schmerzen (2), Rückenschmerzen (4), Nackenschmerzen (2), Fibromyalgie (1), Wehenschmerzen (2), myofasziale Schmerzen (1), Bedürfnisse der Palliativmedizin (1), Plantarfasziitis9Plantarfasziitis ist eine Entzündung der Sehnenplatte der Fußsohle und wird typischerweise durch Überbeanspruchung ausgelöst. (1), Schmerzen nach Brustkrebsoperationen (1), Schmerzen nach Kaiserschnitt (1), Schmerzen nach der Geburt (1) und postoperative Schmerzen (1).

Studienbewertung

7 Studien berichteten positive Auswirkungen von Massagebehandlungen auf Schmerzen, die von den Autor*innen mit mäßig sicherer Evidenz bewertet wurden. Für weitere 10 Schmerzkonditionen wurde in 12 Studien die Evidenz von den Autor*innen mit geringer („Unser Vertrauen in die Effektschätzung ist begrenzt. Der tatsächliche Effekt kann sich erheblich von der Effektschätzung unterscheiden“) oder sehr geringer Sicherheit („Wir haben sehr wenig Vertrauen in die Effektschätzung“) bewertet.

Studien mit moderater Evidenz

Es gibt Evidenz mit mäßiger Sicherheit (Evidenz), die darauf hindeutet, dass Schmerzen in Zusammenhang mit Erkrankungen wie Rückenproblemen, Wehen und Brustkrebsoperationen durch Massagebehandlungen gelindert werden können, wie Medscape zusammenfasst, wobei die Autor*innen (Selene Mak et al.) der zugrundeliegenden Überblicksarbeit hinsichtlich moderater (mäßig sicherer) Evidenz auf sieben Metastudien verweisen:

  • Guzmán Pavón  MJ, Cavero Redondo  I, Martínez Vizcaíno  V, Ferri Morales  A, Lorenzo García  P, Álvarez Bueno  C.: Comparative Effectiveness of Manual Therapy Interventions on Pain and Pressure Pain Threshold in Patients With Myofascial Trigger Points: A Network Meta-analysis.   Clin J Pain. 2022;38(12):749-760. doi:10.1097/AJP.0000000000001079
  • Kannan  P, Lam  HY, Ma  TK, Lo  CN, Mui  TY, Tang  WY.: Efficacy of physical therapy interventions on quality of life and upper quadrant pain severity in women with post-mastectomy pain syndrome: a systematic review and meta-analysis.   Qual Life Res. 2022;31(4):951-973. doi:10.1007/s11136-021-02926-x
  • Li  T, Li  X, Huang  F, Tian  Q, Fan  ZY, Wu  S.: Clinical efficacy and safety of acupressure on low back pain: a systematic review and meta-analysis.   Evid Based Complement Alternat Med. 2021;2021:8862399. doi:10.1155/2021/8862399
  • Skelly  AC, Chou  R, Dettori  JR,  et al.: Noninvasive Nonpharmacological Treatment for Chronic Pain: A Systematic Review Update. Agency for Healthcare Research and Quality; 2020
  • Smith  CA, Collins  CT, Levett  KM,  et al.: Acupuncture or acupressure for pain management during labour.   Cochrane Database Syst Rev. 2020;2(2):CD009232. doi:10.1002/14651858.CD009232.pub2
  • Ughreja  RA, Venkatesan  P, Balebail Gopalakrishna  D, Singh  YP.: Effectiveness of myofascial release on pain, sleep, and quality of life in patients with fibromyalgia syndrome: a systematic review.   Complement Ther Clin Pract. 2021;45:101477. doi:10.1016/j.ctcp.2021.101477
  • Wu  Z, Wang  Y, Ye  X,  et al.: Myofascial release for chronic low back pain: a systematic review and meta-analysis.   Front Med (Lausanne). 2021;8:697986. doi:10.3389/fmed.2021.697986

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Originalveröffentlichung von Diana Swift am 15. Juli 2024 unter dem Titel Benefit of Massage Therapy for Pain Unclear in MDedge Internal Medicine.
  • 2
    Mak S, Allen J, Begashaw M, et al. Use of Massage Therapy for Pain, 2018-2023: A Systematic Review. JAMA Netw Open. 2024;7(7):e2422259. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.22259. https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2821154.
  • 3
    PubMed, die Allied and Complementary Medicine Database, der Cumulated Index to Nursing and Allied Health Literature, die Cochrane Database of Systematic Reviews und Web of Science.
  • 4
    Die Literaturrecherche basierte dabei auf den Recherchen, die für die 2018 fertiggestellte Evidenzkarte der Massagetherapie verwendet wurden (Miake-Lye  IM, Mak  S, Lee  J,  et al.;  Massage for pain: an evidence map.   J Altern Complement Med. 2019;25(5):475-502. doi:10.1089/acm.2018.0282).
    Alle gefundenen Ergebnisse (die Abstracts oder Titel mussten sich auf die Wirksamkeit von Massagetherapie bei einem schmerzhaften Gesundheitszustand bei Erwachsenen beziehen und eine systematische Übersichtsarbeit mit mehr als einer Studie zur Massagetherapie sein) wurden von zwei Autor*innen unabhängig voneinander auf Relevanz geprüft. Unstimmigkeiten wurden in einer Gruppendiskussion geklärt.
  • 5
    Die Bewertung der Stärke wurde vor allem durch Anwendung der GRADE-Methode (Grading of Recommendations, Assessment, Development, and Evaluations, siehe https://www.gradeworkinggroup.org/) vorgenommen.
  • 6
    Wurden für eine Erkrankung/Beschwerde mehrere Arbeiten gefunden, wurde zunächst geprüft, ob sich diese Arbeiten in einem anderen Merkmal unterschieden, das zur Klassifizierung verwendet wurde (z. B. unterschiedliche Vergleichspersonen oder Art der Massagetherapie) und mit einer entsprechenden Bezeichnung versehen (z. B. im Vergleich zur üblichen Behandlung oder zur Reflexzonentherapie). Wenn es mehrere Arbeiten über dieselbe Erkrankung gab, sie sich nicht in einem anderen Merkmal unterschieden, wählten die Autor*innen jene systematische Übersicht aus, die sie für die Leser*innen als am informativsten erachteten. Im Allgemeinen handelte es sich dabei um die jüngste Übersicht oder um die Übersicht mit der größten Anzahl eingeschlossener Studien.
  • 7
    Die Gesamtzahl der Primärstudien zur Massagetherapie bei Schmerzen in den eingeschlossenen Übersichtsarbeiten reichte von 2 Studien bis zu 23 Studien. Es gab 12 Übersichten mit weniger als 10 und 5 Übersichtsarbeiten mit 10 bis 25 Studien. Von den eingeschlossenen Studien wurden 3 Arbeiten von der Cochrane Collaboration und 2 Arbeiten vom AHRQ EPC-Programm durchgeführt.
  • 8
    5 der 14 erfassten Metastudien, die nur eine Massagetechnik betrachten, beschreiben eine nicht spezifizierte Massagetherapie, 1 Studie Tuina, 5 Studien Myofascial Release und 3 Studien Akupressur.
  • 9
    Plantarfasziitis ist eine Entzündung der Sehnenplatte der Fußsohle und wird typischerweise durch Überbeanspruchung ausgelöst.

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