Das Glossar des Shiatsu: Traditionelle Begriffe im Verständnis der westlichen Welt
Hara
Hara (japanisch) lässt sich wörtlich mit „Bauch“ übersetzen und bezeichnet traditionell das physische und energetische Zentrum des Menschen. Arbeit aus dem Hara bedeutet, dass der ausgeübte Druck „aus der Mitte“, zentriert und durch Einsatz des Körpergewichts erfolgt, frei von Verspannung und Anstrengung. Synonym steht „Arbeit aus dem Hara“ auch für die innere Haltung von Klarheit, Ruhe, Präsenz und Zentrierung, die eine einfühlsame und damit qualitativ hochwertige Behandlung ermöglicht.
Harmonie
Harmonie bedeutet – im Gegensatz zu Disharmonie, Dysbalance – eine ausgeglichene Verteilung von Energie (Qi, Ki) in den Meridianen und im gesamten Organismus sowie ein gleichmäßiges Fließen der Energie, d.h. ein harmonischer Ablauf und ein harmonisches Zusammenspiel der Körperfunktionen und damit letztlich Gesundheit und Wohlbefinden. Vergleichbar ist diese Vorstellung mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Chronobiologie.
Krankheitsursachen
Krankheit bedeutet im traditionellen fernöstlichen Gesundheitsverständnis eine Dysbalance der Körperenergien und des Zusammenspiels der Organe und Substanzen des Organismus. Die Suche nach verursachenden Faktoren, die sowohl im Organismus (z.B. übermäßige Emotionen) als auch außerhalb (z.B. klimatische Einflüsse, Ernährung oder Überbelastungen) liegen können, ist für die Behandlung von Bedeutung, da ihre Identifizierung die Auswahl der richtigen Behandlungsmethode unterstützt.
Meridiane, Meridiansystem (chinesische: Jing Luo)
Das Meridiansystem beschreibt ein Geflecht von Leitbahnen oder Gefäßen (chinesisch: Jing Luo) und damit ein komplexes reflektorisches System, das sich westlich-wissenschaftlich betrachtet als eine Art Matrix verstehen lässt, die den gesamten Körper umfasst und alle seine Teile miteinander (und auch mit der Außenwelt) in Wechselwirkung verbindet. Die Meridiane und ihre vielfältigen Verbindungen bilden die traditionelle Erklärung für die mittlerweile mit moderner Forschung in manchen Bereichen nachgewiesene Wirkung von Akupunktur-Behandlungen.
Organe, Organsysteme (chinesisch: Zang Fu)
Im Unterschied zum westlichen, primär anatomisch/morphologischen Verständnis von Organen werden in der traditionellen fernöstlichen Betrachtung Organe (besser: Organsysteme) als Funktionen (Funktionskreise) betrachtet, wobei sich diese Funktionen nur teilweise mit denen der westlichen Medizin decken. Zudem existieren in der fernöstlichen Medizin Organsysteme, für die es keinerlei Entsprechungen in der modernen Medizin gibt. Physische, geistige, emotionale und soziale Lebensdimensionen fließen in die traditionelle fernöstliche Konzeption von Organsystemen ein. Nur in all diesen Aspekten sind die Organe der fernöstlichen Medizin zu verstehen, definiert durch die mit ihnen assoziierten Funktionen.
Struktur
Das funktionelle Grundgerüst der traditionellen fernöstlichen Gesundheitslehren beruht auf vier eng miteinander verwobenen Strukturen: auf Substanzen, Meridianen (Jing Luo), Organen (Zang Fu) und Geweben. Anders als im modernen westlichen Verständnis bilden Struktur und Funktion ein untrennbares Kontinuum, wobei der Fokus der Betrachtung auf den wechselseitigen funktionellen Beziehungen liegt. Diese können entgleisen und bilden dann ein charakteristisches Disharmoniemuster.
Substanz
Der Begriff „Substanz“ ist als relativer Begriff zu verstehen, da in den fernöstlichen Gesundheitslehren Energie und Materie, ebenso wie Körper und Geist ein Kontinuum darstellen. Beispiele sind Qi (Energie) und Xue (Blut), wobei die westlichen Übersetzungen Sinn und Inhalt der fernöstlichen Konzepte nicht korrekt widerspiegeln.