Die Wirkung von WATSU (WasserShiatsu)

Frau in Wasser liegend

WATSU (Wassershiatsu) ist eine Behandlungsmethode, die im warmen Wasser durchgeführt wird und der positive Wirkungen bei z.B. Schmerz und Stress zugeschrieben werden. Die 2022 von Schitter et al.1Agnes M. Schitter, Lorenz Radlinger, Nicolas Kurpiers, Peter Frei: Application areas and effects of aquatic therapy WATSU – A survey among practitioners. Complementary Therapies in Clinical Practice, Volume 46, 2022, https://doi.org/10.1016/j.ctcp.2021.101513 (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1744388121002127). durchgeführte Studie geht der Frage nach, ob die aktuelle wissenschaftliche Literatur zu WATSU die Praxiserfahrungen abbildet und umgekehrt, ob die in der wissenschaftlichen Literatur berichteten Anwendungsgebiete und Wirkungen von WATSU mit den Anwendungen und Beobachtungen der Befragten übereinstimmen.

Kurz zusammengefasst bestätigt die Studie die Wirksamkeit von WATSU anhand einer Befragung. Die Autor*innen empfehlen deshalb den Einsatz von WATSU bei schmerz- und stressbedingten Zuständen mit Vorsicht, und legen zugleich die Durchführung von belastbareren Interventionsstudien nahe.

Hintergrund

WATSU – das Kunstwort setzt sich aus dem englischen „water“ und dem japanischen „Shiatsu“ zusammen – wurde in den 1980er-Jahren von Harold Dull entwickelt. Ziel der Methode, die (trotz ihres Verweises auf die japanische Massageform in ihrem Namen) zumindest in Österreich nicht als „Shiatsu“ verstanden wird, ist die Einleitung einer Tiefenentspannung als auch eine Mobilisierung von Gelenken, myofaszialen Strukturen und die Anregung von energetischen Bahnen, den Meridianen der Traditionellen Chinesischen Medizin, durch Dehnung und Druck.2Die Beschreibung der Methode folgt der Darstellung in der Studie von Schitter et al. Um einen Eindruck der Behandlungsmethode zu bekommen, verweisen die Autor*innen auf ein etwa 50 Sekunden langes Video unter https://boris.unibe.ch/92790.

WATSU-Praktizierende stehen bei Ausübung ihrer Tätigkeit in brusttiefem, warmem3Die Wassertemperatur beträgt idealerweise zwischen 35,0 und 35,5 °C. Dieser Temperaturbereich gilt als thermoneutral, da er 60 Minuten passives Eintauchen ohne Veränderung der Körperkerntemperatur ermöglicht. Wasser und bewegen ihre liegenden Empfänger*innen langsam in ausgedehnten, großzügigen kreisförmigen Bewegungsabläufen. Ursprünglich für Wellness-Zwecke entwickelt, wurde die Methode zunehmend auch für therapeutische Zwecke übernommen, bislang allerdings erlaubt die aktuelle Evidenzlage keine verbindlichen Aussagen zu gesundheitlichen Wirkungen.4Die Evidenz zu WATSU ist spärlich und wird bestenfalls als gering bis mäßig eingestuft. Erste Metaanalysen von vorwiegend vorläufigen Studien, so die Autor*innen, deuten auf Schmerzreduzierung und andere positive physische und psychische Wirkungen hin.

Die vorliegende Studie untersuchte daher,

  • ob die aktuelle wissenschaftliche Literatur über WATSU die praktischen Erfahrungen widerspiegelt,
  • ob die in der wissenschaftlichen Literatur genannten Anwendungsbereiche und Wirkungen von WATSU mit den Anwendungen und Beobachtungen übereinstimmen; und
  • ob weitere vielversprechende Anwendungsbereiche und Wirkungen von WATSU gefunden werden, die von der Wissenschaft noch nicht entdeckt wurden, aber eine weitere und gründliche Untersuchung rechtfertigen könnten.

Studiendesign

Die Studie wurde als mehrsprachige Online-Querschnittsbefragung durchgeführt, wobei WATSU-Praktiker*innen aller Stufen (Anfänger*innen bis Expert*innen) befragt wurden.5Den Befragten wurden keine Anreize für das Ausfüllen der Umfrage geboten. Diejenigen allerdings, die über die Ergebnisse der Umfrage informiert werden wollten, wurden nach der Veröffentlichung per E-Mail kontaktiert.

Einschlusskriterien: Berücksichtigt wurden nur Daten von Befragten, die WATSU als eigenständige Intervention nutzten (d. h. keine Kombination mit anderen aquatischen Interventionen) und mindestens eine Frage zu Anwendungsbereichen oder Wirkungen vollständig beantworteten. Die Umfrage wurde in sieben Sprachen angeboten6Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch, Italienisch, Portugiesisch und Polnisch. als Online-Befragung durchgeführt und konnte zwischen dem 5. Oktober 2018 und dem 14. März 2019 beantwortet werden. Die Einladung zur Befragung verschickte der inzwischen (2019) verstorbene Entwickler der Methode als Massenmail über WABA an zertifizierte WATSU-Praktiker*innen. Darüber hinaus wurden Institute und Verbände für Aquatische Körperarbeit sowie Autor*innen wissenschaftlicher Veröffentlichungen über WATSU per E-Mail oder über die Wissenschafts-Community-Plattform Researchgate7https://www.researchgate.net. kontaktiert, und es wurden Artikel in sozialen Medien (Facebook, LinkedIn) verwendet, um die Information weiter zu verbreiten – Mit dem Ziel, möglichst viele WATSU-Praktiker*innen zu erreichen.

Ausgeschlossen wurden Befragte, die kein Diplom besitzen, das den Anforderungen der Worldwide Aquatic Bodywork Association (WABA8Die Aquatic Bodywork Association (WABA) überwacht die Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramme für Aquatische Körperarbeit. Die Mindestanforderung der WABA, um zertifizierte*r WATSU-Praktiker*in zu werden, sind 500 Stunden, die Ausbildung in der Schweiz hingegen umfasst 1250 Stunden.) entspricht.

Nach der Erhebung demogafischer Daten und Informationen über die Umstände der Praxis9Erhoben wurden Name, Alter, beruflicher Hintergrund, Kontaktinformationen, Land und Datum des Diploms, Jahre der Praxis, Land/Länder der Praxis, Sitzungsdauer (in Minuten), Wassertemperatur (in °C), weitere Verwendung von WATSU als Teil anderer Wasserinterventionen, Sitzungen pro Jahr (Durchschnitt), Sitzungen pro Jahr (Maximum) und spezifisches Fachgebiet. orientierte sich die Umfrage an den Ergebnissen der Metastudie von Schitter et al. (202010A.M. Schitter, J. Fleckenstein, P. Frei, J. Taeymans, N. Kurpiers, L. Radlinger: Applications, indications, and effects of passive hydrotherapy WATSU (WaterShiatsu)—a systematic review and meta-analysis. PLoS One, 15 (2020), Article e0229705.), in der die Indikationen und Wirkungen von WATSU als eigenständige Interventionen erfasst wurden. Aus den 26 Anwendungsbereichen und 20 Wirkungen von WATSU wurden mehrere Themenbereiche (Anwendungsbereiche: Schmerzzustände, neurologische Zustände, psychologische, psychosomatische oder psychiatrische Zustände, Verschiedenes und Wirkungen: körperlich, psychisch) zusammengefasst, die den Teilnehmer*innen vorgelegt wurden. Zu jedem Thema wurden sie gebeten drei Fragen zu beantworten:

  • Vorkommen: Haben die Studienteilnehmer*innen WATSU in den angeführten Anwendungsbereichen eingesetzt oder die angeführten Wirkungen beobachtet?11Die möglichen Antworten waren „Ja“, „Nein“ und „Ich weiß nicht“.
  • Häufigkeit: Diejenigen, die diese Fragen bejahten, wurden um ihre Bewertung der Häufigkeit der Vorkommnisse auf einer numerischen Bewertungsskala von 1 (kaum jemals) bis 10 (sehr häufig) gebeten.
  • Wirksamkeit: Diejenigen, die diese Fragen bejahten, wurden um ihre Bewertung der Wirksamkeit der Behandlungen auf einer numerischen Bewertungsskala von 0 (nicht wirksam) bis 10 (sehr wirksam) gebeten.12Zusätzliche Anwendungsbereiche oder Wirkungen konnten am Ende jedes Abschnitts des Fragebogens genannt und bewertet werden. Zudem konnten fakultativ qualitative Informationen zu jedem Thema gegeben werden (z. B. Beispiele, Annahmen zur Wirkungsweise, besondere Vorsichtsmaßnahmen) gegeben werden.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Agnes M. Schitter, Lorenz Radlinger, Nicolas Kurpiers, Peter Frei: Application areas and effects of aquatic therapy WATSU – A survey among practitioners. Complementary Therapies in Clinical Practice, Volume 46, 2022, https://doi.org/10.1016/j.ctcp.2021.101513 (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1744388121002127).
  • 2
    Die Beschreibung der Methode folgt der Darstellung in der Studie von Schitter et al. Um einen Eindruck der Behandlungsmethode zu bekommen, verweisen die Autor*innen auf ein etwa 50 Sekunden langes Video unter https://boris.unibe.ch/92790.
  • 3
    Die Wassertemperatur beträgt idealerweise zwischen 35,0 und 35,5 °C. Dieser Temperaturbereich gilt als thermoneutral, da er 60 Minuten passives Eintauchen ohne Veränderung der Körperkerntemperatur ermöglicht.
  • 4
    Die Evidenz zu WATSU ist spärlich und wird bestenfalls als gering bis mäßig eingestuft.
  • 5
    Den Befragten wurden keine Anreize für das Ausfüllen der Umfrage geboten. Diejenigen allerdings, die über die Ergebnisse der Umfrage informiert werden wollten, wurden nach der Veröffentlichung per E-Mail kontaktiert.
  • 6
    Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch, Italienisch, Portugiesisch und Polnisch.
  • 7
  • 8
    Die Aquatic Bodywork Association (WABA) überwacht die Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramme für Aquatische Körperarbeit. Die Mindestanforderung der WABA, um zertifizierte*r WATSU-Praktiker*in zu werden, sind 500 Stunden, die Ausbildung in der Schweiz hingegen umfasst 1250 Stunden.
  • 9
    Erhoben wurden Name, Alter, beruflicher Hintergrund, Kontaktinformationen, Land und Datum des Diploms, Jahre der Praxis, Land/Länder der Praxis, Sitzungsdauer (in Minuten), Wassertemperatur (in °C), weitere Verwendung von WATSU als Teil anderer Wasserinterventionen, Sitzungen pro Jahr (Durchschnitt), Sitzungen pro Jahr (Maximum) und spezifisches Fachgebiet.
  • 10
    A.M. Schitter, J. Fleckenstein, P. Frei, J. Taeymans, N. Kurpiers, L. Radlinger: Applications, indications, and effects of passive hydrotherapy WATSU (WaterShiatsu)—a systematic review and meta-analysis. PLoS One, 15 (2020), Article e0229705.
  • 11
    Die möglichen Antworten waren „Ja“, „Nein“ und „Ich weiß nicht“.
  • 12
    Zusätzliche Anwendungsbereiche oder Wirkungen konnten am Ende jedes Abschnitts des Fragebogens genannt und bewertet werden. Zudem konnten fakultativ qualitative Informationen zu jedem Thema gegeben werden (z. B. Beispiele, Annahmen zur Wirkungsweise, besondere Vorsichtsmaßnahmen) gegeben werden.

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